Die Medienbranche ist in der Krise. Neben den bekannten Problemen im Konkurrenzkampf mit Google und Facebook, macht auch die Covid-19-Krise allen Medien schwer zu schaffen. Inside Politics sprach mit dem Präsidenten des Verbands österreichischer Zeitungen Gerald Grünberger, über die aktuelle Situation.
Die Lage in der Medienbranche ist ernst. Umsatzrückgänge von 70% bis 80%, bringen mit Stand April ein Minus von ca. 75 Mio Euro für den Printbereich (Tages- und Wochenzeitungen, Magazine, etc.). Die Privatmedien sind dabei insbesondere vom Einbruch des Anzeigenmarktes betroffen und suchen nun um Staatshilfen an.
STAAT GREIFT MEDIEN UNTER DIE ARME
Und die Hilfe des Staates ist nicht gerade gering. Neben der Corona-Sondermedienförderung in der Höhe von 32 Millionen Euro, haben viele Branchengrößen wie der ORF, Standard, Presse, Kleine Zeitung und Österreich, große Teile ihrer Belegschaft zur Corona-Kurzarbeit angemeldet und erhalten somit weiteres Steuergeld.
Zudem kommt noch die mit 15 Millionen Euro für Inserate und Werbeeinschaltungen dotierte “Schau auf mich Kampagne” der Bundesregierung. Dabei verzichtet das Bundeskanzleramt auf das Recht einer kostenlosen Ausstrahlung der Info-Spots (wir berichteten) im Privat-Radio und -TV.
Somit erhält die heimische Presselandschaft staatliche Unterstützung und Aufträge – exklusive Kurzarbeitshilfen – in einem Gesamtvolumen von fast 50 Millionen Euro.
Ob diese Mittel ausreichen um den Standort zu erhalten bleibt aber abzuwarten.
INTERVIEW MIT VÖZ-PRÄSIDENT GERALD GRÜNBERGER
Doch wie schaut die Lage im Detail aus? Inside Politics sprach mit dem Präsidenten des Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) Mag. Gerald Grünberger über die Herausforderungen für die Medienhäuser, die Frage der Standortsicherung, die Kurzarbeit beim ORF als auch die wirtschaftliche Bedeutung von staatlichen Inseraten-Kampagnen.
INSIDE POLITICS: Welche Bedeutung hat die nun beschlossene Corona-Hilfe für die Zeitungsverlage? Wie wichtig sind diese Maßnahmen für die Standorterhaltung?
GERALD GRÜNBERGER: Die Sonderförderung für Medien ist zweifelsohne ein wichtiger Beitrag zur Aufrechterhaltung der Medien- und Informationsvielfalt. Das Problem dabei ist, dass die Gesamtsumme von rund 30 Mio.€ für Tages- und Wochenzeitungen, private TV und Hörfunkveranstalter nur einen kleinen Teil der Einnahmenausfälle kompensiert. Ebenso sind zur Zeit Magazine, Fachmedien und sonstige Periodika nicht von der Maßnahme erfasst, aber ebenso vom Werbeeinnahmenausfall betroffen. Ob daher der Medienstandort nachhaltig abgesichert werden kann wird sich weisen.
INSIDE POLITICS: Welche bzw. wie viele Printmedien mussten auf Kurzarbeit umstellen oder Kündigungen aussprechen? Gibt es hier Absprachen mit der Gewerkschaft?
GERALD GRÜNBERGER: Sehr viele Medienunternehmen verlegerischer Herkunft, die in den beiden Verbänden VÖZ und ÖZV organisiert sind, nehmen die Möglichkeit der Kurzarbeit an. Im Branchenschnitt befinden sich rund 50% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit. In allen Verlagshäusern wurden bzw. werden entsprechende Vereinbarungen zur Kurzarbeit im Konsens mit den Mitarbeitern bzw. mit dem Betriebsrat getroffen. Eine Zustimmung durch die Sozialpartner ist im Genehmigungsprozess vorgesehen und erfolgt bisher reibungslos.
INSIDE POLITICS: Und welche Ressorts sind besonders betroffen (Sport, Kultur)?
GERALD GRÜNBERGER: Das ist sehr unterschiedlich, aber die von Ihnen genannten Ressorts sind ebenso betroffen.
KURZARBEIT BEI ORF IST ZWEIFELSOHNE GRATWANDERUNG
INSIDE POLITICS: Wie schätzen Sie die Entscheidung des ORF ein auf Kurzarbeit umzustellen?
GERALD GRÜNBERGER: Hierbei handelt es sich zweifelsohne um eine Gratwanderung. In den Richtlinien zur Kurzarbeit ist festgehalten, dass juristische Personen öffentlichen Rechts (wie z.B. eine Stiftung öffentlichen Rechts) nicht förderbar sind, außer es werden wesentliche Teile über Leistungsentgelte finanziert. Hier stellt sich nun erneut die Frage, ob es sich bei der gesetzlich verankerten Rundfunkgebühr samt Programmentgelt tatsächlich um ein Leistungsentgelt handelt. Hierzu gibt es unterschiedliche Rechtsstandpunkte, die auch Gegenstand von Verfahren sind.
Weiters muss sich das „begehrende Unternehmen” in vorübergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden. Ob dieser Umstand für den ORF tatsächlich zutrifft, der nach eigener Schätzung rund 50 Mio.€ Werberückgang zu verzeichnen hat (entspricht rund 5% des Gesamtumsatzes), gleichzeitig jedoch rund 650 Mio.€ aus dem Programmentgelt lukriert (also rund 65% des Umsatzes), darf bezweifelt werden. Oder anders gesagt: in der Regel lassen bzw. müssen sich in einem Wirtschaftsunternehmen 5% Einsparungspotenzial auch ohne das Instrument der Kurzarbeit – für das die Republik oder der vielmehr der Steuerzahler die Kosten trägt – finden.
INSIDE POLITICS: Können Sie den Rückgang an Einnahmen durch Werbeanzeigen im Printbereich beziffern?
GERALD GRÜNBERGER: Für den Printsektor kann man den Werberückgang aktuell (Stand April) mit rund 70% – das entspricht in etwa 75 Mio. € – beziffern. Der Privatsenderverband gibt laut Eigenaussage für Radio und TV einen Rückgang mit bis zu 80% an, wobei ich hier über keine belastbaren Zahlen verfüge.
INSIDE POLITICS: Printmedien erhalten über die Corona-Förderung hinaus, auch einen nicht unerheblichen Teil aus dem mit 15 Millionen Euro dotierten Budget der “Schau auf Mich”-Informationskampagne der Bundesregierung und des Roten Kreuzes. In wie fern helfen diese und anderen Kampagnen die Einbußen aus dem Werbegeschäft zu kompensieren?
GERALD GRÜNBERGER: Die Informationskampagne der Bundesregierung ist mit Sicherheit ein wichtiges Instrument um einerseits die Bevölkerung breit über einzelne Maßnahmen zu informieren, und andererseits einen Teil des Werberückgangs der Medien auszugleichen. Auf Grund der zuvor genannten Zahlen und Größenordnungen kann man jedoch nicht von Kompensation in diesem Zusammenhang sprechen.
Wir danken Gerald Grünberger für das Gespräch und unseren Lesern für die Aufmerksamkeit.
BIS BALD,
EUER SIVIC
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