Im Zuge der Ermittlungen rund um die Ibiza-Affäre wurde nun bekannt dass auch ein ÖVP-Angestellter im Fokus der Staatsanwaltschaft stand. Grund, der Mitarbeiter hatte während des Kanzler-Wechsels eine Festplatte von der Firma Reisswolf entsorgen lassen.
KURZ-MITARBEITER LIES FESTPLATTE VOR MISSTRAUENSVOTUM VON REISSWOLF VERNICHTEN
Ein Mitarbeiter im Bundeskanzleramt gab eine Festplatte die in einem Drucker montiert war unter falschen Namen bei der Daten- und Aktenvernichtungsfirma Reisswolf ab und bezahlte die Rechnung über 76 Euro nicht. Die Firma erstattete Anzeige weil sie die Mahnung nicht zustellen konnte. Durch eine bei Reisswolf hinterlegte Telefonnummer konnte die Polizei jedoch den Kanzleramts-Bediensteten ausfindig machen. Schließlich machte der 23. Mai (sechs Tage nach Ibiza) als Datum der Entsorgung des Druckerspeichers die zuständige Außenstelle der Korruptionsstaatsanwaltschaft in Graz stutzig. Diese leitete in weiterer Folge Schritte ein und ließ den nunmehrigen Partei-Angestellten der Volkspartei in Verwahrung nehmen sowie dessen Wohnung durchsuchen.
Die „SOKO Ibiza“ ermittelt nun gegen den ehemaligen Mitarbeiter von Alt-Kanzler Kurz wegen des Verdachts auf „Beweismittelunterdrückung“. Ob überhaupt etwas an der Sache dran ist, bleibt abzuwarten. Es wird nun geprüft ob das gelöschte Material mit der Ibiza-Affäre in Verbindung stehen könnte. Die Volkspartei spricht gegenüber den Medien von einem „üblichen Vorgang“, der beim Wechsel von Bundeskanzlern normal ist. Auch beim Übergang von Christian Kern auf Sebastian Kurz sollen leere Datenträger und ausgeräumte Büros vorgefunden worden sein.
AKTENVERNICHTUNG IST EIN ÜBLICHER VORGANG
Tatsächlich ist die Beseitigung von Akten und Datenmaterial ein normales Prozedere. So veröffentlichte am 21. Mai etwa das Zentrum für politische Schönheit auf seinem Twitter-Account ein Bild eines LKW’s der Firma Reisswolf wie dieser vor dem Innenministerium in der Wiener Innenstadt parkte. Pikant, am selben Tag wurde der damalige Innenminster Herbert Kickl (FPÖ) vom Bundespräsidenten entlassen.
Auch auf Gemeindeebene kommt es immer wieder zur Entsorgung von Datenmaterial. So wurde im April 2015 in der mit mehr als 37 Millionen Euro schwer verschuldeten steirischen Gemeinde Hart bei Graz (Pachern), während der Übergabe vom SPÖ-Bürgermeister Michael Bischof auf seinen Nachfolger Jakob Frey (Bürgerliste) die Firma Saubermacher mit dem Auftrag zur „Aktenvernichtung“ betraut.
Video: Der Harter Bürgermeister Jakob Frey sprach im Herbst 2015 davon, dass die Aktenvernichtung in der Übergangsphase von seinem Vorgänger auf ihm etliche Fragen aufgeworfen hat.
Im Zuge der Prüfung des Rechnungshof und durch interne Recherchen des neuen Gemeindevorstandes kamen diese Sachverhalte zu Tage. Bürgermeister Frey stellte im Herbst 2015 bei einer Pressekonferenz den Verdacht in den Raum, das wesentliche Dokumente in den Prüfberichten der Kommune fehlen und diese möglicherweise mit der bekanntgewordenen „Sonderabholung“ in Verbindung stehen könnten.
Auch vor Beginn von Schwarz-Blau I (Kabinett Schüssel I, 2000-2001) sollen Gerüchten nach, in den damals geräumten SPÖ-Ministerien haufenweise Papierordner, Festplatten und Computer vernichtet worden sein.
Und bei der Übernahme des Infrastrukturministeriums durch Werner Faymann im Jahr 2007, beklagte dessen Kabinettschef Josef Ostermayer, dass keine Kabinettsmitarbeiter mehr vorhanden wären. Dies hatte mit der Kopplung der Dienstverträge an die Amtszeit von Vorgänger Josef Gorbach (BZÖ) zu tun. Auch hier ging etliches Wissen und Kompetenz verloren.
ANGST VOR SPÖ-NAHEN BEAMTEN
Dass im Kanzleramt mit seinen mehr als 1700 Bediensteten manche Dinge schwer verheimlicht werden können ist nichts neues. Die ÖVP gab aber gegenüber der APA klar zu verstehen, dass man die Aktenvernichtung außer Haus erledigen wollte um zu verhindern, dass die SPÖ von ihr „nahestehenden“ Beamten, oder Sektionschefs sensible Informationen für den Wahlkampf erhält.
(Achtung Update)
Laut Informationen des Standard war 2017 ein Strategiepapier von Sebastian Kurz‘ Team auf einem Druckerspeicher abgelegt worden welches die Machtübernahme innerhalb der ÖVP skizzierte, dieses wurde damals rausgespielt. Um eine erneute „Weiterleitung“ zu verhindern hatte man die Festplatte zerstört. Laut Kurier waren Bernd Pichlmayer (Mitarbeiter im Kabinett von Kanzleramtsminister Gernot Blümel) und der IT-Leiter es BKA Erwin Albrechtowitz über die Causa informiert.
Letzterer soll laut der Zeitung mit der Beauftragung der externen Firma Reisswolf wenig Freude gehabt haben und verwies auf die internen Vorschriften.
Wie Inside Politics aus internen Quellen des BKA weiß, gibt es am Ballhausplatz auch noch Vertragsbedienstete aus der Ära Faymann. Das Verhalten der Akteure der Volkspartei ist somit aus parteipolitischer Sicht nachvollziehbar. Es spiegelt jedoch auch die politische Entwicklung in Österreich wieder. Die Zwietracht und das gegenseitige Misstrauen der Parteien zueinander greift bis in die Beamtenebene durch und damit scheinen wesentliche Säulen des Rechtsstaates durch den Parteifilz und politische Manöver bedroht.
BIS BALD,
EUER SIVIC
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