Am Montag brachte die FPÖ einen Antrag auf eine vorgezogene Neuwahl in der Steiermark ein. So könnte wie bereits im Burgenland um einige Monate vor dem regulären Termin gewählt werden.
—Update— Der Neuwahl-Antrag der FPÖ wird von ÖVP und Grünen unterstützt. In den nächsten Tagen wird der Urnengang im steirische Landtag beschlossen. —Update—
2015 wünschte sich der steirische ÖVP-Obmann Hermann Schützenhöfer einen früheren Wahltermin, möglichst vor den Sommerferien, um aus der Reformpartnerschaft eine Zukunftspartnerschaft zu machen. Das Ergebnis ist, bekannt, die SPÖ fiel unter 30%, Parteichef Franz Voves trat zurück und gab die Sozialdemokraten gaben den Stuhl des Landeshauptmanns an die Volkspartei ab um die Koalition zu retten.
Letztere fühlte sich nämlich nach der Wahl nur „bedingt“ an die Versprechungen vor dem Wahlabend gebunden und taktierte mit einer schwarz-blauen Koalition. Der Rest ist mittlerweile Zeitgeschichte.
FPÖ BEANTRAGT NEUWAHL IM LANDTAG
Nun sieht aber die Welt wieder anders aus, am Ende der Sondersitzung zum neuen Leitspital in der Obersteiermark stellten die Freiheitlichen unter Mario Kunasek einen Neuwahl-Antrag. Und dieser Vorschlag passt der Volkspartei somit gut ins Konzept.
Denn seit mehr als einem Jahr gibt es Spekulationen über einen vorgezogenen Neuwahl-Termin, so erklärte Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl Ende Juli gegenüber der Kleinen Zeitung, dass sie sich für eine frühere Wahl aussprechen würde, wenn in der Koalition nur noch blockiert wird.
Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer stellte zuletzt im Frühjahr den Sozialdemokraten die Neuwahl-Rute ins Fenster. Nun sprach er bei einer Pressekonferenz am Donnerstag davon, dass es durch einen Wahltermin im November zu keiner arbeitstechnischen Blockade kommen würde und nach einem kurzen Wahlkampf schnell weiterregiert werden könnte. So wäre es nach Ansicht Schützenhöfers möglich, gut ins neue Jahr zu starten.
Ob die Wähler den daraus entstehenden „Dauerwahlkampf“ goutieren sei freundlich in Frage gestellt, seit dem AK-Wahlkampf im April sind in der Steiermark die Plakatständer durchgehend aufgestellt. Andererseits würden die Gemeinderatswahlen 2020 dann ungetrübt von der Landtagswahl stattfinden können und das wäre für die Ortsparteien interessant.
In den aktuellen Umfragen schaut es für ÖVP, FPÖ und Grüne jedenfalls gut aus. Am 4. August veröffentlichte die Kronen Zeitung eine Umfrage
in der 752 Personen vom OGM-Institut abgefragt wurden.
Das Ergebnis, mehr als 33% würden der ÖVP, 27% der FPÖ, 20% der SPÖ, 10% den Grünen, 5% der KPÖ und 4% den NEOS ihre Stimme geben.
Ob sich das ändert wenn die drei oben genannten Parteien gemeinsam eine Neuwahl vom Zaun brechen, bleibt abzuwarten. Der „IBIZA-Skandal“ scheint jedenfalls für die Freiheitlichen auf Landesebene keine wesentliche Rolle zu spielen.
STEIRISCHE SPÖ UNTER DRUCK
Ein Ergebnis in dieser Art würde die steirische Politlandschaft jedenfalls massiv ändern. Für die Sozialdemokraten würde ein solches Resultat in mehrfacher Hinsicht ein Desaster darstellen.
Deswegen ist Parteiobmann Michael Schickhofer auch strikt gegen eine vorgezogene Neuwahl. Sein Vorgänger Franz Voves trat 2015 zurück weil er sein Wahlziel um 0,71% Prozentpunkte unterschritt und vor der Wahl ein Ergebnis unter 30% als Rücktrittsgrund nannte, das Gesamtminus der Sozialdemokraten lag dabei bei 9%.
Damit legte Voves einen Standard fest, den sein Nachfolger parteiintern nicht einfach so ignorieren kann. Zudem kommen mehrere andere Aspekte hinzu:
- Schickhofer müsste – wenn man der Voves-Logik folgt – bei einem Minus von einem Drittel der Wähler defintiv seinen Hut nehmen.
- Ein Rücktritt würde zu einem Machtvakuum führen, möglicherweise würden dann Jörg Leichtfried oder Max Lercher die Partei übernehmen wollen.
- Eine Koalition mit der ÖVP wäre nur noch als Juniorpartner möglich.
- Stürzt die SPÖ in Richtung 20% ab und ist eine Mehrheit mit der FPÖ nicht möglich, dann würden durch den Wegfall des Proporzes die Sozialdemokraten massive Probleme mit der eigenen Funktionärsriege bekommen. Denn ein Gutteil dieser würde aus den Gremien und Büros der Landesverwaltung, als auch landeseigener Unternehmen verschwinden.
- Sollte sich das Verhältnis zur KPÖ von 7:1 auf 3,5 bis 4:1 und jenes zu den Grünen von 5:1 auf 2:1 reduzieren, dann wird die Frage nach der Ausrichtung im linken Lager die Partei lange Zeit beschäftigen.
In Graz sind Grüne (10,5%) und KPÖ (20%) summiert mehr als drei Mal so stark wie die SPÖ (10%), die 2017 auch noch den letzten Sitz im Stadtsenat räumen musste.
Berechnet man diese Faktoren mit ein, dann steht die Sozialdemokratie vor entscheidenden Monaten. Die Landespartei muss – abhängig vom Wahlergebnis – ein Mindesmaß an Einnahmen durch die Parteiförderung lukrieren. Ein Verlust dieser Mittel würde Arbeitsplätze und Funktionäre kosten, außerdem könnte die steirische SPÖ in der Öffentlichkeit sonst nicht mehr so auftreten wie bisher.
Die Finanzierung von Werbung, Sponsoring von Vereinen oder Volksfesten würde dann schwieriger werden.
MÖGLICHERWEISE BREITE ABER ÜBERSCHAUBARE OPPOSITIONSBANK
Außerdem hat die SPÖ in keinem anderen Bundesland so viel Konkurrenz im linken Lager wie in der Steiermark. Dabei spielt auch der Wahlkreis mit Graz und Graz-Umgebung eine wesentliche Rolle. Hier sind Grüne und KPÖ durch die jeweiligen Stadtparteien sehr stark aufgestellt. Es gilt also als möglich, dass die SPÖ – bei guter Stimmungslage – im Wahlkreis 1 unter den Wert der Grünen zurückfällt. Dann würden auch einige Mandate wackeln.
Es ist abzuwarten wie breit die Zustimmung zu den Oppositionsparteien ausfällt. Bleibt sie ähnlich stark wie jetzt (ca. 42%), dann kann es stellenweise für die Regierungsbildung entscheidend sein was die ÖVP unter einer „komfortablen Mehrheit“ im Landtag versteht. Geht man von der Umfrage der Kronen Zeitung als Wahlergebnis aus, wäre bei insgesamt 48 Sitzen, eine Mehrheit von zwei Mandaten im Landtag nicht ganz im Sinne der Volkspartei.
Wechseln die Sozialdemokraten in die Opposition, dann spielen auch noch
die NEOS eine Rolle, gelingt den Pinken mit dem zu erwartenden Spitzenkandidaten Niko Swatek nämlich der Einzug, dann wird es auf der Oppositionsbank sehr eng.
OFFENES FELD FÜR DIE LANDTAGSWAHL
Egal wie man es also dreht und wendet, sollte die steirische Volkspartei noch den Kurz-Bonus bekommen, dann könnte Hermann Schützenhöfer auch eine Ehrenrunde bis kurz vor seinen 73. Geburtstag drehen und wäre 10 Jahre Landeshauptmann.
Bricht aber vielleicht noch die ein oder andere Lawine der Empörung über das Leitspital Liezen, als auch andere Projekte, über die „Zukunftspartner“ ein, dann könnten Volkspartei und Sozialdemokraten sich gemeinsam „Gute Nacht“ sagen.
Beides scheint möglich, denn in der Vergangenheit war der Obmann der Volkspartei kein besonders zugfester Sympathieträger.
Anders sieht es hier bei der FPÖ aus, die mit Mario Kunasek „Super Mario“ einen Politiker in der Hand hat, der auch regieren kann. Der ehemalige Verteidigungsminister Kunasek kam nämlich nach dem Zusammenbruch der Bundesregierung Ende Mai sofort nach Graz zurück und übernahm im Handumdrehen wieder die Landespartei.
Bei der letzten Landtagswahl konnte er dank Straches Unterstützung ein Plus von 16,10% erreichen und machte die Freiheitlichen zur drittstärksten Kraft auf Augenhöhe mit SPÖ und ÖVP. Es stellt sich nur die Frage wie nah die FPÖ am Wasser gebaut ist und möglicherweise noche eine Welle aus IBIZA unliebsame Überraschungen an Land schwemmt.
Summa Summarum wird es spannend, wenn die Volkspartei die Koalitionstreue aufkündigt und den Vorschlag der FPÖ unterstützt, dann wird im Herbst noch einmal eine Wahl abgefeiert, es stellt sich nur die Frage wie die Wähler diese Entscheidung sehen. Denn haben viele Steirerinnen und Steirer in einem Jahr zwischen drei und fünf Mal (AK- und ÖH-Wahl inkludiert) zur Urne schreiten dürfen und das könnte auch unliebsame Konsequenzen nach sich ziehen.
BIS BALD,
EUER SIVIC
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