Die Deutschen Medienanstalten wollen weitreichende Rechte zur Regulierung des Internets, ein erster Entwurf zum neuen Medienstaatsvertrag ist von der Landesregierung von Rheinland Pfalz nun vorgelegt worden. Wir vergleichen auch wie das in Österreich funktioniert und was hierzulande strenger oder liberaler geregelt ist.
INTERNET REGULIERUNG IN DEUTSCHLAND KÖNNTE MEINUNGSFREIHEIT EINSCHRÄNKEN.
Video: Im Politik-Tagebuch spricht Claudio Schiesl über Videodienste-Regulierung im Internet und den Nachwehen zum Putin-Besuch in der Steiermark.
Im heutigen Politiktagebuch geht es um den Entwurf zum Nachfolgeabkommen des Rundfunkstaatsvertrags in Deutschland, der vorgeschlagene Medienstaatsvertrag beinhaltet aber zahlreiche Regulierungen, die durchaus im Verdacht stehen, die Pressefreiheit in Deutschland maßgeblich regulieren zu können. So sollen etwa auch private YouTube-Kanäle, Facebook- und Instagram-Seiten als auch Plattformen die Informationen Dritter aggretieren, journalistisch-redaktionell bearbeiten und von Usern betrieben werden unter die Regulierung als sogenannte Medienintermediäre fallen. Mit anderen Worten, wer einen Blog betreibt, fällt automatisch unter den Gewerbeverdacht.
Geplant ist dabei, dass auch die Ausnahmen für private oder familiäre Inhalte wegfallen sollen, solcher Art Regelungen gibt es auch in Österreich, allerdings ist dies davon abhängig in wie weit eine Webseite etwa dazu in der Lage ist die öffentliche Meinung zu einem Thema zu beeinflussen.
Video: Dr. Susanne Lackner (Komm Austria) erklärt wie in Österreich Videodienste im Internet reguliert werden.
Während in Österreich Blogs aber ab vier Publikationen im Jahr unter den Begriff der elektronisch-periodischen Medien fallen und damit – trotz Impressumspflicht – von der Pressefreiheit geschützt werden, ist dies in Deutschland nicht der Fall (Mediengesetz Österreich).
Interessant am Vorschlag zum neuen Medienstaatsvertrag sind aber die folgenden Ausnahmen, so sollen nur Inhalte reguliert werden die inhaltlich das deutsche Publikum im Fokus haben, sich mehrheitlich in Deutschland refinanzieren und die in der Landessprache gesendet werden.
Beschäftigt sich etwa ein YouTuber mit technischen Erfindungen und macht eine Serie auf Englisch fällt dies nicht darunter. Auch Bagatellrundfunk unter 20.000 Aufrufen im Monat und Let’s-Play Videos sollen nicht unter die Begriffe des Gesetzesvorschlages fallen (siehe etwa PietSmiet und Gronkh).
UPDATE: Nach Absprache mit Juristen und einigen anderen Medienfachleuten, hat INSIDE POLITICS festgestellt, dass die Regelungen des neuen Medienstaatsvertrages auch für ausländische Medien zutreffen könnten, die in Deutschland einen nicht unwesentlichen Teil ihres Umsatzes machen und dort Publikum generieren, bzw. die Inhalte des Angebotes sich auch an Nutzer aus Deutschland richten. In wie fern diese Interpretation auch rechtlich gültig ist und ob diese mit EU-Recht vereinbar ist, bleibt jedenfalls zu prüfen.
Aktuell gab es bereits mehr als 300 (!) Kommentare Seitens Bürger und Medienbetreiber, weswegen die Landesregierung von Rheinland-Pfalz die öffentliche Begutachtungsfrist bis zum 30. September verlängert hat. Hier ziehen also die deutschen Behörden nach und überholen dabei auch das österreichische Audiovisuelle Mediendienste Gesetz, welches bisher EU-weit eine der schärfsten Richtlinien war, jedoch durch seine Unschärfen zu sehr individuellen Einzelentscheidungen führte und führt.
So fällt etwa ein kommerziell betriebener Youtube-Kanal der 300.000 Abonnenten hat und vornehmlich Powerpoint-Präsentationen mit Analysen zu historischen Themen veröffentlicht nicht darunter, während eine Interview-Reihe mit Politikern die als Hobby betrieben wird, in die Gewerblichkeit fallen kann.
In wie weit der neue Medienstaatsvertrag gegen die europäische Menschenrechtscharta verstößt und die Presse- und Meinungsfreiheit einschränkt, wird sich wohl erst herausstellen, ein heißer Herbst ist jedenfalls vorprogrammiert.
Mehr zum Thema gibt es auch auf unserer Playlist Medien und Politik 2.0 auf YouTube und unserer Rubrik Medien im Blog.
ALUMNIS DER DIPLOMATISCHEN AKADEMIE KRITISIEREN PUTIN-BESUCH
Neben der Regulierung deutscher und österreichischer Mediendienste ging es im Politik-Tagebuch auch um den „Hochzeitsbesuch“ von Russlands Präsident Vladimir Putin. Dieser hatte ja am vorigen Wochenende der Hochzeit der österreichischen Außenministerin Karin Kneissl beigewohnt. Nun kam es zu einem offenen Brief, den Alumni der diplomatischen Akademie Wien verfassten. Diese haben ihren Unmut über den prominenten Hochzeitsgast ausgedrückt und der österreichischen Politik vorgeworfen, einen Kniefall vor einem Mann getan zu haben, der sich in den letzten Jahrzehnten gegen die europäische Werte gestellt und Rechtsstaatlichkeit, internationale Vereinbarungen, als auch die Menschenrechte mit den Füßen trete.
Die Absolventen forderten die Akademieleitung umgehend auf, Außenministerin Karin Kneissl nicht mehr als Lektorin oder Vortragende einzuladen und in der verbleibenden Amtszeit der Ministerin keinen offiziellen Kontakt mit ihr zu pflegen.
Der Brief ist in voller Länge unter diesem Link (Letter-of-Diplomatic-Academy-of-Vienna-Alumni-Kneissl-and-Putin) abrufbar.
INSIDE POLITICS – MEHR ALS TAGESPOLITIK…