Über den Satiriker Martin Sonneborn scheiden sich die Geister, der deutsche EU-Abgeordnete stand Inside Politics Rede und Antwort über seine ersten fünf Jahre im EU-Parlament.
HERR SONNEBORN IM EU-PARLAMENT
Mag. Martin Sonneborn war ursprünglich mehr als Satriker, Author und kritischer Geist bekannt, der mit satirischen Methoden versuchte die wahren Seiten von Politikern aufzudecken. Der Parteigründer des vom Titanic-Magazins mitaufgebauten Politiprojektes „DIE PARTEI“ wurde zu seiner eigenen Überraschung 2014 in das EU-Parlament gewählt. In Folge dieses Ereignisses musste er die Heute-Show des ZDF verlassen, konnte sich aber finanziell schnell durch die Mindestsicherung für EU-Parlamentarier erholen.
Nun konzentriert er sich auf die unseriösen Dinge in Brüssel und Straßburg und verbreitet seine Beobachtungen auf seiner Homepage, in den von ihn benannten „asozialen Netzwerken“, in der Spiegel Videoreihe „Sonneborn rettet die EU“ und im Titanic-Magazin. Dabei eröffnet er Weltausstellungen und besucht Lobbyingveranstaltungen. Zudem hinterfragt er mit seinen spitzfindigen und kritisch bis derb wirkenden Äußerungen in den Plenarsitzungen immer wieder politische Entwicklungen wie die Wiederaufrüstung Europas, die Einführung von Uploadfiltern für den Schutz des Urheberrechts oder die außenpolitische Herangehensweise der EU im Nahen Osten. Ein Titelfoto mit der Schlagzeile über den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz „Endlich möglich: Baby-Hitler töten!“ brachte ihm zwischenzeitlich sogar eine Sperre auf Facebook ein, der Beitrag bezog sich auf fiktive Zeitreisen in Österreich und wurde in Folge von Ermittlungen in Österreich an die Staatsanwaltschaft Berlin übergeben, diese stellte dann im Mai 2018 das Verfahren ein und verwies darauf dass es sich um keinen Aufruf zu einer Straftat handle.
Seine politischen Gegenüber tun sich dabei schwer solche satirischen Kommentare, die kombiniert mit historischen und literarisch gespickten Seitenhieben eine besondere Wirkung entfalten, zu kontern und versuchen ihn so gut es geht zu ignorieren. Das Sonneborn und seine Kollegen hier jedenfalls Grenzen ausloten ist dabei unbestritten. Weitere Aktionen wie der große Geldverkauf der Partei (eine Anspielung auf den Goldverkauf der AfD) sorgten in Deutschland nicht nur für ein Gerichtsverfahren, sondern führten auch zu Gesetzesänderungen bei der staatlichen Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik.
Dieser satirsch-ironische Zugang zur Politik wird aber anscheinend von der Jugend besonders geschätzt und goutiert. Beim Lokalaugenschein im EU-Parlament hebte Sonneborn seine rechte Hand zum „lockeren“ Gruß und stand Spalier als eine deutsche Schülergruppe an ihm vorbei zog. Einer der Schüler war daraufhin völlig überrascht auf ihn zu treffen und nutzte kurz vor dem Inside Politics Interview die Gelegenheit seinem Idol seine Hochachtung auszusprechen.
Ein Lob was Sonneborn mit den Worten „Das glaubt mir doch niemand!“ entgegen nahm, der „wahlberechtigte“ Schüler konterte diesen Satz mit, „Und mir wird auch niemand glauben, dass ich Sie getroffen habe!“. Der Büroleiter Sonneborns Dustin Hoffmann fragte Claudio Schiesl darauf ob es eine Tonaufnahme des Gespräches gebe, er scherzte darauf hin, dass ich in diesem Fall die „5 Euro“ ausbezahlt hätten die er vorher dem Jungen gegeben hatte ;).
An diesen und anderen Beispielen sieht man wie wichtig der Humor für „Die Partei“ als Lebenselexier ist.
INTERVIEW MIT MARTIN SONNEBORN
Video: Martin Sonneborn stand Claudio Schiesl Rede und Antwort.
Martin Sonneborn und Claudio Schiesl sprachen eine dreiviertel Stunde lang über die verschiedensten Themen, so diskutierten beide über Grundsicherung für Bergbauern, mehr Waffen für die noch imaginäre EU-Armee, Artikel 13, warum es mehr junge Leute in der Politik braucht und ob er als auch EU-Abgeordnete generell politisch ernst genommen werden.
Zur besseren Visualisierung nutzte Schiesl erstmals 3D-gedruckte Modelle um etwa die Thematik der Wehrpolitik oder den Artikel 13 besser erklären zu können, dabei schenkte er dem Abgeordneten Sonneborn auch eine Replika der Titanic im Maßstab 1:2000 (Produktionskostenpreis ca. 70 Cent).
Außerdem wurde über das Thema Wahlumfragen, Wählerbeeinflussung und das Wahlziel der Partei in Deutschland für den kommenden Wahlgang diskutiert.
Denn wenn man den aktuellen Analysen Glauben schenken darf, könnte das Polit-Projekt des Titanic Magazins bei der EU-Wahl im Mai auf 2-3% kommen und somit seine Mandate verdoppeln oder gar verdreifachen. Zum Vergleich, beim letzten Urnengang entfielen 0,6% der Wählerstimmen auf „Die Partei“, was ihrem Gründer eben ein Dauerticket im EU-Parlament bescherte.
„DIE PARTEI“ IM WAHLKAMPF
Dass das Projekt aber ziemlich ernst gemeint ist, zeigt sich auch bei der prominenten Positionierung der Partei am letztjährigen Chaos Communication Congress (35C3) des Chaos Computer Clubs, bei der viertägigen Veranstaltung mit knapp 17.000 Besuchern konzentrierte sich in einem Doppelreferat der Büroleiter Sonneborns Dustin Hoffmann auf den Aufbau der Europäischen Union und ihrer Institutionen und Sonneborn selbst auf seine persönlichen Erfahrungen.
Video: Hoffmann und Sonneborn auf dem 35C3 in Leipzig.
Und so schöpft die „Die Partei“ Wählerpotential ab den „Digital Natives“ ab. Eine Entwicklung an der sich auch andere Gruppen wie die Piratenpartei beteiligen und die langfristig alteingesessene Konkurrenten zu spüren bekommen.
Sollte es zu einem erneuten Wahlerfolg kommen, so könnte neben Martin Sonneborn auch der Kabarettist Nico Semsrott im Plenarsaal Platz nehmen.
Letzterer plant für seine Zeit im EU-Parlament pro Monat einen Film zu drehen, was insgesamt 60 Stück entsprechen würde, das könnte also noch sehr interessant werden.
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