Graz soll eine U-Bahn bekommen, stellt sich die Frage ob es sich hierbei wirklich um ein echtes Verkehrskonzept oder eher doch ein Luftschloss für den anstehenden Gemeinderatswahlkampf handelt. Inside Politics bittet Sie daher um ihre Meinung.
Mini-U-BAHN FÜR GRAZ
Die Grazer Verkehrspolitik ist schon lange ein Zankapfel, von den Visionen einer Murgondel über die Wiederherstellung der Seilbahn auf den Plabutsch, die Graz mit Thal verbinden sollte, zur teilweise realisierten S-Bahn bis hin zu diversen “Wasser-Taxi”-Ideen wurden in den letzten 15 Jahren zahlreiche mehr oder wenige ernstzunehmende Vorschläge seitens der Stadt oder anderer Interessensvertretungen präsentiert.
Nun soll eine U-Bahn im Minimetro-Format bis 2030/2035 die Verkehrsprobleme der steirischen Landeshauptstadt lösen. Die geplanten Kosten in der Höhe von 3,33 Milliarden Euro sprengen aber selbst die kühnsten Träume der Straßenbahnverfechter die sich bislang höchstens von 500 Millionen bis eine Milliarde Euro für neue Verkehrsprojekte wünschten. Dabei ist der Bau von zwei Linien (M1 und M2) vorgesehen. Diese sollen wiederum von Nord nach Süd und von Ost nach West gehen und wichtige Verkehrsknotenpunkte, Krankenhäuser und Universitäten miteinander verbinden. Dabei gilt es zu beachten, dass gerade einmal etwas mehr als 40% der Grazer Bevölkerung durch die Stationen abgedeckt werden und Linien nicht bis zu den Stadtgrenzen hinausgeführt werden.
Ob hinter der Sache daher tatsächlich ein ernsthaftes Verkehrsprojekt oder eher ein Wahlkampfgag steckt, bleibt abzuwarten. Denn bereits im Februar 2022 wird in Graz ein neuer Gemeinderat gewählt, wiewohl Gerüchte, dass die Wahl bereits im November 2021 stattfinden könnte sich mehren.
Aus politischen Kreisen hieß es am Rande der Grazer Gemeinderatssitzung am 25. Februar auch, dass die ÖVP scheinbar bis eine Woche vor der Präsentation der Pläne, am 18. Februar, nicht einmal den Koalitionspartner FPÖ über den Termin der Kundmachung der Machbarkeitsstudie informiert hatte.
Diese Geheimniskrämerei kritisierte insbesondere die politische Opposition im Rathaus, was auch dazu führte, dass das von den Grünen geführte Verkehrsministerium in Wien derzeit eher verhalten gegenüber den Grazer Plänen aufgetreten ist. Genau deswegen meinen politische Beobachter, dass das Projekt auch nur mit einer fixen Zusage seitens des Bundes realisierbar ist. Gleichzeitig haben nun auch die Grazer Grünen mit einem S-Bahn-Ring ein Gegenprojekt vorgelegt, welches Verkehrs- und Umweltministerin Eleonore Gewessler (Grüne) wohl ebenfalls prüfen wird.
MINI-METRO SOLL VOLLKOMMEN AUTONOM FAHREN
Doch unabhängig vom politischen Diskurs sprachen sich im Zuge der Studienveröffentlichung alle Autoren für den Bau einer U-Bahn aus und verwiesen darauf, dass etwa der vorgesehene Automatisierungsgrad die Kosten eines solchen Projektes deutlich senken würde. Gemeint ist damit der Plan die U-Bahn-Züge vollständig autonom, also ohne Zugführer, fahren zu lassen und somit entsprechende Personalkosten einzusparen. Wie dies genau umgesetzt werden kann bleibt ebenso offen, wie der tatsächliche Umsetzungszeitraum der im Moment mit 10 bis 15 Jahren veranschlagt ist.
So soll auch die aktuell in Wien im Bau befindliche U5 ebenfalls ohne Fahrer auskommen, laut Informationen aus gewöhnlich gut informierten Quellen ist derzeit der vorgesehene Kommunikationsstandard über Wlan/Wifi unter Technikern sehr umstritten. Dabei wird teilweise bezweifelt, dass die vorgesehene Technik überhaupt die Anforderungen erfüllen kann. Eine Ausführung via 5G-Standard wie sie nun bei den Mobilfunknetzen zum Einsatz kommt gilt wiederum als “unnötig” kostspieliges Unterfangen gegenüber dem bereits etablierten und damit kostengünstigeren 4G-Netz. Somit bleibt selbst in Wien derzeit ungeklärt mit welchen Funksystem die U-Bahnen ausgestattet werden.
Ob in Graz daher 4G, 5G oder vielleicht sogar schon 6G in den U-Bahn-Tunneln installiert wird, wurde in der vorliegenden Konzeption noch nicht näher erläutert. Klar ist aber, dass es keine Systemkompatibilität zwischen der Straßenbahn und der U-Bahn geben soll. Denn Mag. Zaczek-Pichler, Pressesprecher der Holding Graz, weißt daraufhin, dass die Fahrzeuge unterschiedliche Abmessungen haben – auch Haltestellenmaße und verschiedene Systeme für Stromversorgung und Sicherheitstechnik unterscheiden die beiden Systeme voneinander.
WIR WOLLEN IHRE MEINUNG ERFAHREN
Inside Politics will wissen Sie von der U-Bahn-Idee halten und würde gerne ihre Kommentare und Meinungen in einer der nächsten Ausgaben veröffentlichen. Schreiben Sie uns an redaktion@inside-politics.at oder kommentieren Sie diesen Beitrag hier auf der Webseite oder auf unserer Facebook-Seite.
Wir freuen uns auf ihre Meinung.
INSIDE POLITICS – MEHR ALS TAGESPOLITIK…