Seit 2002 wurden für das Bundesheer keine neuen Hubschrauber mehr beschafft. Damals wurden die Black Hawk als Ergänzung der Lufttransportfähigkeiten angekauft, nun dürfte eine Entscheidung in Sachen Alouette-Nachfolge getroffen worden sein. Näheres dazu will das Verteidigungsministerium heute um 13:00 Uhr veröffentlichen.
Wie die Kronen Zeitung in ihrer Sonntagszeitung berichtete, hat sich möglicherweise das österreichische Bundesheer für einen neuen Typ von Mehrzweckhubschrauber entschieden. So soll es sich dabei um das Modell AgustaWestland 169M des italienischen Herstellers Leonardo handeln. Die kolportierten 18 Hubschrauber könnten 21 Aérospatiale Alouette III ersetzen, die seit den frühen 1960er Jahren im Einsatz stehen und insbesondere im Hochgebirge wertvolle Dienste (Versorgung, Alpinrettung, Aufklärungsflüge) erfüllen.
NEUE HUBSCHRAUBER – MINISTERIUM WILL SICH ERST AM MONTAG NACHMITTAG ÄUßERN
Das Verteidigungsministerium will dazu erst heute um 13:00 Uhr Stellung nehmen. Auch die von der Kronen Zeitung angesprochene Prüfung der Konkurrenzmuster 429 von Bell (USA) und der H-145 von Airbus (Deutschland/Frankreich), wurde von der Pressestelle des Bundesheeres offiziell nicht bestätigt.
Laut der Zeitung war die AW169 angeblich der Favorit des Generalstabs, wie wohl alle drei Modelle mehrheitlich von zivilen Betreibern (Küstenwachen, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und Passagierservice) genutzt werden, sollen die Maschinen laut Ausschreibung aus dem Jahr 2018 auch zur Kampfunterstützung zum Einsatz kommen.
Verteidigungsministerin Mag. Klaudia Tanner (ÖVP) kommentierte die Entscheidung am Sonntag nicht, allerdings unterstrich der ehemalige Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) in einer Aussendung, dass er die Neubeschaffung während seiner Amtszeit initialisierte und die Anschaffung auch den für die Obersteiermark so wichtigen Hubschrauberstützpunkt Aigen sichern würde.
Tanner hatte die Bedeutung Aigens für die Alpinregionen bereits im Juni bei einem Truppenbesuch in Spielfeld bekräftigt, Kritiker sehen darin aber nur eine unnötige Dopplung der Fähigkeiten, denn laut diesen würde der Fliegerhorst Zeltweg operativ ausreichen.
RUHIGES ANBOTSVERFAHREN UND SUBTILE WERBEBOTSCHAFTEN
Die Ausschreibung verlief bislang eher ruhig, auffallend war nur, dass Leonardo am 12. Juli einen Bildbeitrag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zur Übergabe der ersten AW169 an die italienische Armee in deutscher Sprache veröffentlichte, das beschriebene Aufgabenprofil (Heimatschutz, Rettung, Nothilfe und Brandbekämpfung) passte genau in jenes des Bundesheeres.
Auf die Frage ob es zu diesem Zeitpunkt Gespräche mit dem Verteidigungsministerium oder eine Präsentation der italienische Firma gab, konnte Heerespressesprecher Oberst Mag. Michael Bauer keine Auskunft geben.
Doch auch die Amerikaner rührten kräftig die Werbetrommel, US-Außenminister Mike Pompeo warb bei seinem Wien-Besuch nicht nur für das gute amerikanisch-österreichische Freundschaftsverhältnis sondern bemühte sich ebenfalls um einen österreichischen Auftrag.
Dabei spielt auch die sogenannte „Fair-Deal“-Strategie (gerechte Verträge) von Präsident Donald Trump eine wesentliche Rolle. Dieser will nicht nur, dass etwa die NATO-Mitglieder sich an die 2% BIP-Richtlinie für ihre Militärhaushalte halten, sondern auch gleichzeitig die Waffenverkäufe us-amerikanischer Unternehmen ankurbeln und koppelt dies auch an bilaterale Verträge wie etwa das Freihandelsabkommen mit der EU. Wer dabei nicht mitmacht, oder wo anders einkauft, muss im Zweifel mit Sanktionen rechnen. So hatte etwa die Türkei entgegen den Warnungen von Trump das Luftabwehrsystem S-400 Triumf des russischen Herstellers NPO Almaz gekauft und war gleichzeitig Partner im F-35 Joint Strike Fighter-Programm der USA.
Da die US-Regierung befürchtete, dass russische Techniker – und somit russische Militärs – bei Wartungsaufträgen der Raketen- und Radaranlagen des S-400 Komplexes Zugang zu Auswertungsdaten des Tarnkappenflugzeuges F-35 Lightning II erhalten könnten, stoppte diese die geplante Auslieferung und schloss die Türkei aus dem Programm aus. Türkische Zuliefererfirmen verloren dabei ihre Aufträge und die Türkei kann ihren im Bau befindlichen Flugzeugträger Anadolu lediglich mit Hubschraubern ausstatten, weil es momentan mit Ausnahme der veralteten Harrier-Senkrechtstarter keine passenden Maschinen am Weltmarkt gibt.
Jedoch sind Leonardo, Airbus und Bell momentan nicht die einzigen Unternehmen welche um österreichische Aufträge buhlen. Auch der schwedische Flugzeughersteller Saab wirbt seit einiger Zeit in den sozialen Netzwerken um den Gripen als „beste Lösung“ für die österreichische Luftraumüberwachung. Und das, obwohl es zur eventuellen Eurofighter Typhoon-Nachfolge derzeit keine offizielle Ausschreibung gibt.
Einzig die Prüfung eines möglichen Verkaufes der Abfangjäger an Indonesien wurde vor kurzem durch das Ministerium bestätigt.
GRÖßTE BESCHAFFUNG SEIT DER EINFÜHRUNG DER EUROFIGHTER ABER NUR EIN ERSTER SCHRITT
Mit einem vermuteten Gesamtvolumen von rund 300 Mio. Euro ist der Kauf der Hubschrauber die größte Nachbeschaffung seit jener des Eurofighter Typhoon, welcher ab 2007 an das Bundesheer ausgeliefert wurden.
Laut der Kronen Zeitung entfallen etwa zwei Drittel der Kosten auf die Anschaffung selbst, den Rest machen Technik, Logistik, die Ausbildung neuer Piloten und Techniker sowie eine erneuerte Infrastruktur aus. Zwölf der Helikopter sollen reine Einsatzflieger und in Aigen (Steiermark) stationiert sein, sechs Einheiten könnten zur Pilotenausbildung in Langenlebarn (Niederösterreich) eingesetzt werden.
Die mögliche Beschaffung der AW169 bleibt jedoch nur ein erster von mehreren Schritten. Auch die 23 Transporthubschrauber Agusta-Bell AB-212 sowie die 10 verbliebenen Aufklärungsmaschinen vom Typ OH-58 Kiowa werden in den nächsten zehn Jahren ihre maximale Lebensdauer erreichen. Somit wird eine Nachbeschaffung von 30 bis 40 neuen Helikoptern unumgänglich bleiben, um den Flugbetrieb auch weiterhin sicherzustellen.
BIS BALD,
EUER SIVIC
INSIDE POLITICS – MEHR ALS TAGESPOLITIK…
[paypal_donation_button]