Knapp 10 Millionen Euro Euro haben die Aufrufe der Bundesregierung aus der “Schau auf dich,”-Kampagne gekostet. Die FPÖ hat jedoch ihre Zweifel daran, dass die bezahlte Ausstrahlung der Corona-Spots im privaten Radio und Fernsehen rechtskonform war. Nun wurde eine parlamentarische Anfrage an Bundeskanzler Kurz eingebracht. Grund dafür war ein Inside Politics-Artikel.
BUNDESKANZLERAMT VERZICHTETE AUF KOSTENLOSE AUSSPIELUNG VON CORONA-SPOTS
Vom Mindestabstand mit Baby-Elefanten-Maßstab bis zu den vier Gründen warum man das Haus verlassen darf, mit diesen Botschaften warb und wirbt die Bundesregierung um das Vertrauen der Menschen und die Einhaltung der Sondermaßnahmen während der Corona-Pandemie.
Die “Schau auf dich,”-Kampagne die als Aufruf der österreichischen Bundesregierung gekennzeichnet ist, hat nicht nur einen starken Einfluss auf die Bevölkerung sondern versorgt gleichzeitig die Medien mit dringend benötigten Werbeaufträgen.
Doch nun ist strittig, ob diese Vorgehensweise rechtlich korrekt war. Denn Inside Politics veröffentlichte bereits am 20. April einen Beitrag über die „Schau auf dich, schau auf mich. So schützen wir uns.“-Kampagne in dem es um die Frage ging, inwiefern die Aufrufe während der Coronakrise, die nach wie vor auch auf privaten Fernseh- und Radiostationen gesendet werden, entsprechend des Gesetzes kostenlos veröffentlicht wurden.
Der ORF hatte nämlich im Einklang mit dem Bundeskanzleramt die Corona-Spots als Aufrufe im öffentlichen Interesse eingestuft. Bei den privaten Sendern verzichtete dieses jedoch seinerseits auf das Recht der kostenlosen Ausspielung entsprechend §18 Privatradiogesetz und § 48 Audiovisuelles Mediendienste-Gesetz.
Als Grund nannte das Bundeskanzleramt damals das Wegbrechen des Werbemarktes und dem damit einhergehenden Umsatzrückgang von bis zu 70% bei den Privatsendern.
Der ORF hingegen finanziere sich hauptsächlich durch Gebühren und würde durch den Einnahmenentgang weniger belastet werden, so Mag. Philipp König von der Stabsstelle Medien des Bundeskanzleramtes gegenüber Inside Politics im April 2020.
BUNDESKANZLERAMT SETZT BEI KAMPAGNENDURCHFÜHRUNG AUF WAVEMAKER
Doch könnte der Verzicht auf die kostenlose Ausspielung noch andere Gründe haben, denn die Bundesregierung agiert nicht – wie im Gesetz vorgesehen – als direkter “Auftraggeber” dieser Aufrufe.
So stellte sich nach einer Anfrage des FPÖ-Abgeordneten Alois Kainz heraus, dass die Buchung der Sendezeiten für die Kampagne durch die Kommunikationsagentur Wavemaker-GmbH (gehört zur Werbeagentur Young & Rubicam) erfolgte. Diese fiel auch schon in einer früheren Anfrage der SPÖ auf, denn von den zwischen 16. März 2020 bis 25. April 2020 ausgegebenen 3.629.451,80 Euro die das Bundeskanzleramt als Werbeetat auswies, ergingen 3.333.466,55 Euro an Wavemaker.
Aus der Beantwortung gegenüber den Freiheitlichen ging hervor, dass bislang 10 Millionen Euro an Steuermitteln in die Kampagne investiert wurden, insgesamt sind 15 Millionen Euro für die Informationsmaßnahmen budgetiert.
Davon gingen, laut Hochrechnung, in den Phasen 1, 3 und 6 der “Schau auf dich”-Kampagne 1.220.758,47 Euro an private Radiosender und 1.488.869,04 Euro an private TV-Stationen. Bei diesen Zahlen handelt es sich aber noch um keine Absolutbeträge, die hier eingerechneten Kosten der Phase 6 (erfolgte bis 31. Mai) sind nur die geplanten und nicht die tatsächlichen Ausgaben.
Auf die Frage warum das Bundeskanzleramt die Werbeagentur mit der Inseratenkampagne beauftragt hat, antwortete Bundeskanzler Sebastian Kurz wie folgt:
“Die Agentur Wavemaker GmbH wurde aufgrund ihrer hohen Expertise und Erfahrung im Bereich von Medienkampagnen sowie der erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem Bundeskanzleramt in der Vergangenheit mit der Umsetzung der Kampagne beauftragt.”
Weiters führte Kurz aus, dass Wavemaker die strategische Planung der Mediaschaltungen übernehme, um so die größtmögliche Reichweite innerhalb der Bevölkerung zu erreichen. Dazu kommt die Buchung in tagesaktuellen Medien unterschiedlichster Art und die Anpassung der Schaltpläne an aktuelle Entwicklungen.
INTERVIEW MIT ABGEORDNETEN ALOIS KAINZ
Im Zuge der Recherche zur Auftragsvergabe an die Agentur Wavemaker baten wir den Abgeordneten Alois Kainz (FPÖ) zur schriftlichen Stellungnahme, dabei ging es einerseits um die Beweggründe seiner Anfrage zur Auftragsvergabe an die Werbeagentur und andererseits darum, wie er die Entscheidung des Bundeskanzleramtes bewertet, auf die kostenlose Schaltung von Aufrufen in Krisenzeiten zu verzichten.
INSIDE POLITICS: Was war der Grund warum Sie mehrere Anfragen zur Corona-Inseratenkampagne der Bundesregierung gestellt haben, was haben Sie sich dadurch erhofft zu erfahren?
Glauben Sie dass die Vergabe, bzw. die Inseratenschaltung allen Rechtsnormen entsprochen haben?
Alois Kainz (FPÖ): In erster Linie wollte ich wissen, warum genau die Wavemaker GmbH derartige viele hoch dotierte Aufträge der Bundesregierung bekommen hat. Wie Bundeskanzler Sebastian Kurz in der Beantwortung meiner Anfrage erläutert, wurde die anfängliche Beauftragung der Wavemaker GmbH mit der Corona-Aufklärungskampagne auf die Ausnahmebestimmung des § 37 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 (sogenannte Notvergabe) gestützt und in späterer Folge wurde für einen Rahmenvertrag ein Verhandlungsverfahren nach Bekanntmachung gestartet, insofern war die Beauftragung rechtskonform.
INSIDE POLITICS: Wie beurteilen Sie die Vergabe der Corona-Inserate an die Werbeagentur Wavemaker?
Alois Kainz: Ich bin jedoch skeptisch und frage mich, warum genau die Wavemaker GmbH den Auftrag für diese Kampagne bekommen hat, insbesondere da meine Frage nach den Verwandtschaftsverhältnissen zwischen der Wavemaker-Geschäftsführung und Regierungs- bzw. Kabinettsmitgliedern nicht beantwortet wurde.
INSIDE POLITICS: Wie beurteilen Sie den Umstand, dass das Bundeskanzleramt von einer kostenlosen Schaltung der Corona-Spots auf privaten Radio- und TV-Sendern aufgrund des eingebrochenen Werbemarkts während der Krise Abstand genommen hat, jedoch beim ORF auf die kostenlose Ausspielung der Aufrufe bestanden hat?
Alois Kainz: In Bezug auf die kostenlose Schaltung der Werbesports beim ORF, nicht aber bei den Privatsendern, denke ich, ist es ist zu prüfen, ob die Bundesregierung gleichheitswidrig gehandelt hat. Die Gesetzesbestimmungen sind nahezu wortgleich, ich sehe daher keinen Grund für dieses Vorgehen.
INSIDE POLITICS-ARTIKEL FÜHRT ZU PARLAMENTARISCHER ANFRAGE
Infolge des per E-Mail durchgeführten Interviews, ergriff Nationalrat Kainz die Initiative und brachte am 28. Juli eine parlamentarische Anfrage gegenüber Bundeskanzler Sebastian Kurz ein.
Dabei verwies er auf den Inside Politics-Artikel von April und will nun wissen, auf welcher rechtlichen Grundlage das Bundeskanzleramt handelte, um die Schaltung der Corona-Spots – ohne Not – mit Steuermitteln zu finanzieren. Weiters möchte der Abgeordnete in Erfahrung bringen, warum der ORF die Spots kostenlos geschalten hat und hier scheinbar eine ungleiche Behandlung gegenüber privaten Medienanbietern durch die Behörde stattfand.
Das Bundeskanzleramt hat nun bis zum 28. September Zeit die Anfrage zu beantworten.
BIS BALD,
EUER SIVIC
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