Die Elementarpädagogik ist in der Steiermark schon seit Jahren eine politische Großbaustelle. Nachdem 70% der jährlich 400 Absolventinnen und Absolventen der sechs steirischen Bundesbildungsanstalten für Elementarpädagogik nach der Schulzeit nicht in den Beruf wechseln, versucht die Politik nun mit einer Prämie von 15.000,- Euro Berufseinsteiger und Rückkehrer in die Kindergärten zu locken.
GROßBAUSTELLE IN DEN KINDERGÄRTEN
Seit Jahren wird die Lage in den steirischen Kindergärten und Kindergrippen als problematisch gesehen. Die Kritik bezieht sich dabei auf die Größe der Gruppen (25 Kinder), unzureichende Bezahlung (ca. 2.000.- Euro Brutto bei Berufseinsteigern) und den nicht zuletzt durch die psychische Belastung entstandenen Personalmangel, welcher sich durch Corona und ein hohes Maß an Bürokratie sowie die Vorschriften der Fachaufsicht verstärkt hat. Auf die zu erwartenden Folgen machten mehrere Trägerorganisationen bereits im Juli aufmerksam.
Dadurch bleibt zu befürchten, dass es zu Schließungen von einzelnen Kindergartengruppen oder zur Einschränkung des Angebots von Kindergrippen, Kindergärten und Vorschulen kommen könnte. Die könnten dann vielleicht im Herbst weniger Gruppen oder z.B. Halbtags- statt Ganztagsbetreuung anbieten.
Denn obwohl in den sechs steirischen Bundesbildungsanstalten für Elementarpädagogik (BAFEP) pro Jahr 400 Absolventinnen und Absolventen ihre Ausbildung abschließen, üben nach der fünfjährigen Schulzeit nur ungefähr 30%, also 120 Personen, tatsächlich diesen Beruf aus.
Dazu kommt, dass die seit Herbst 2020 für zwei Jahre geltende Personaldispens heuer ausgelaufen wäre. Dies bedeutet, das Kindergartenbetreuer, Schulabbrecher einer pädagogischen Lehreinrichtung oder auch Volksschullehrer ersatzweise Gruppen leiten können, sofern sie einen Zusatzskurs in der Länge von 30 Stunden absolvieren.
15.000 EURO PRÄMIE FÜR BERUFSEINSTEIGER UND RÜCKKEHRER
Kurz vor dem Start des neuen Kindergarten-/Schuljahres präsentierten Landhauptmann Mag. Christopher Drexler (ÖVP), Landeshauptmannstellvertreter Anton Lang (SPÖ), Bildungslandesrat Werner Amon (ÖVP) und Umweltlandesrätin Mag.a Ursula Lackner (SPÖ) ein Maßnahmenpaket um die Lage zu verbessern.
So sind in Form einer Prämie von 15.000,- Euro für Personen (Berufseinsteiger wie auch Rückkehrer) vorgesehen, die sich auf drei Jahre verpflichten in einer elementarpädagogischen Bildungseinrichtung zu arbeiten (Kindergrippe, Kindergarten, Vorschule). Weiters sollen Betreuerinnen und Betreuer die sich verpflichten berufsbegleitend ein zweijähriges Kolleg zu absolvieren, ebenfalls ein mit 15.000,- Euro dotiertes Landes-Stipendium erhalten.
Außerdem sollen schrittweise von 2023 bis 2028 die maximalen Gruppengrößen von derzeit 25 Kindern auf 20 reduziert werden.
Video: Pressekonferenz der Landesregierung zum Maßnahmenpaket für die Elementarpädagogik.
Ob sich mit dieser Prämie die Negativ-Entwicklung des Personalmangels reduzieren lässt ist derzeit nicht klar. Darüber hinaus konnte Bildungslanderat Werner Amon die Schließung von Gruppen oder die Einschränkung des Angebotes in der Pressekonferenz nicht ausschließen.
KEINE PRÄMIE FÜR BESTEHENDES PERSONAL
Während die 15.000,- Euro-Prämien als Anreiz gedacht sind um neues Personal in die Kindergärten zu bringen, gehen diejenigen die bisher den Beruf ausübten “vorerst” leer aus. Für diese ist zwar angedacht, die Gruppengrößen zu reduzieren, ohne ausreichendes Personal wird dies aber nicht gelingen. Alexandra Obendrauf vom Berufsverband der Elementarpädagogen sah das Maßnahmenpaket am Freitag (19.08.2022) im Interview mit dem ORF-Steiermark als den Tropfen auf den heißen Stein an. Auch vermisste diese eine Prämie für diejenigen Pädagoginnen und Pädagogen, die trotz Corona-Pandemie und vieler anderer Hürden die Stellung nicht verließen und somit das System weiterhin aufrecht erhielten und weiterhin erhalten.
Dazu kommt, dass auch Kindergarten-Pädagoginnen und -Pädagogen von der Prämie ausgeschlossen sind die in den letzten zwei Jahren im elementarpädagogischen Bereich gearbeitet haben oder etwa Betreuungsaufgaben bei Kinderlagern, Skikursen usw., die länger als zwei Monate andauerten, übernommen haben.
Somit werden diejenigen die etwa während der Corona-Pandemie den Beruf verlassen haben, nicht gerade motiviert wieder zu kommen.
MEHR ALS 129 MILLIONEN AN BUNDESMITTELN FÜR ELEMENTARPÄDAGOGIK
Darüber hinaus hat die Landesregierung mit dem Bund, entsprechend der sogenannten 15a Vereinbarung, Investitionen in der Höhe von 129,25 Millionen Euro vereinbart. Diese Vereinbarung regelt für die Kindergartenjahre 2022/23 bis 2026/27 Umgang und Bedingungen bzw. Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der zweckgebundenen Zuschüsse. Diese braucht das Land Steiermark wiederum um den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und etwa der Sprachförderung zu finanzieren.
In der Aussendung des Landes Steiermark zum Maßnahmenbündel wird auch aufgeschlüsselt wie das vorgesehene Budget aufgeteilt wird.
So beträgt die vorgesehene Co-Finanzierung für den Ausbau und die Sprachförderung rund 75,2 Millionen Euro. Davon stehen jährlich Mittel in der Höhe von 25,8 Millionen Euro zur Verfügung, die sich wie folgt aufteilen.
- Ausbau: 7,9 Mio. (+ 1,8 Mio.)
- Sprachförderung: 2,9 Mio. (+ 0,6 Mio.)
- Flexibler Anteil: 4,6 Mio. (+ 3,7 Mio.)
- Besuchspflicht: 10,3 Mio. (+1,2 Mio.)
So werden im Rahmen der Sprachförderung und beim flexiblen Anteil auf Basis der Vereinbarung auch zusätzliche Personalkosten bedeckt.
OPPOSITION LOBT UND TADELT NEUEN BILDUNGSLANDESRAT
Während Landtagsabgeordnete Lara Köck von den Grünen das Maßnahmenprogramm lobte und das hohe Tempo mit dem Landesrat Amon seit seinem Amtsantritt Anfang Juli vorgeht, begrüßte, sind NEOS und FPÖ davon weniger hingetan. Beide Parteien kritisieren die vorgestellten Vorschläge als Fortsetzung des bisherigen Weges und vermissen weitreichendere Reformschritte.
NEOS-Landessprecher Niko Swatek merkte etwa an, dass die OECD einen Betreuungsschlüssel von 7:1 vorschlägt. Das Verhältnis 20:1 würde nach wie vor eine individuelle Förderung von Talenten verhindern und das System der Massenbetreuung bevorzugen. FPÖ-Bildungssprecher Mag. Stefan Hermann sprach die Gefahr von Gruppenschließungen und die zu erwartende Reduktion des Angebotes an und stimmte der Kritik der Trägerorganisationen zu.
Video: Die Klubobfrau der KPÖ im steirischen Landtag kritisierte schon 2021 den Umgang der Landespolitik mit der Elementarpädagogik.
Die KPÖ-Steiermark prangerte die Zustände in Kindergärten und Kindergruppen schon seit Jahren an. Anfang 2021 artikulierte Klubchefin Claudia Klimt-Weithaler, die selbst ausgebildete Elementarpädagogin ist, gegenüber Inside Politics ihre Kritikpunkte, die damals schon in die selbe Kerbe schlugen wie jene der anderen Oppositionsparteien. Erst im Juni hatten die Kommunisten auch die Arbeitsbedingungen, Gehälter und den Dispens in der Elementarpädagogik mit Ersatzkräften kritisiert.
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