Die Novelle des ORF-Gesetzes war im letzten Jahr eine der umstrittensten Reformen die die schwarz-grüne Bundesregierung in Angriff nehmen musste. Der Verfassungsgerichtshof hatte Mitte 2022 die „Streaminglücke“ als verfassungswidrig erkannt und forderte eine Neuregulierung der Finanzierung des ORF. Folgt man der These zweier Wiener Rechtsanwälte könnte nun auch der neue ORF-Beitrag rechtswidrig sein.
ANWÄLTE SEHEN MÖGLICHES RECHTSPROBLEM MIT ORF-BEITRAG
Das ORF-Gesetz wurde bereits im Oktober, also zwei Monate bevor die Reform in Kraft trat, vom Verfassungsgerichtshof erneut als verfassungswidrig eingestuft. Die Entscheidung betraf den Stiftungsrat und den Publikumsrat. Die Verfassungsrichter sprachen damals von übermäßigen Einfluss der Bundesregierung auf den Rundfunk und seine Gremien. Nun glauben zwei Rechtsanwälte den nächsten Fehler zu gefunden haben und dieser könnte die Rechtsgültigkeit des ORF-Beitrags betreffen.
Video: Florian Höllwart und Alexander Scheer analysieren in ihren Videos immer wieder das ORF-Gesetz. Ihre aktuellen Erkenntnisse zeigen rechtlich interessante Aspekte auf.
Die beiden Anwälte Mag. Florian Höllwarth und Mag. Alexander Scheer (Volksbegehren ORF Volksbefragung Jetzt) haben vor mehreren Tagen auf ihrem YouTube-Kanal einen Video-Beitrag veröffentlicht in dem diese die Frage stellten ob der ORF-Beitrag rechtskonform genehmigt wurde.
Dabei berufen sich die Rechtsanwälte auf das reformierte ORF-Gesetz bzw. die Regierungsvorlage. Laut Videobeitrag und Gesetzestext ist die Festlegung der Höhe des ORF-Beitrags auf Antrag des Generaldirektors vom Stiftungsrat festzulegen (siehe §31 ORF-G). In weiterer Folge bedarf der Beschluss des Stiftungsrates, mit dem die Höhe des ORF-Beitrags festgesetzt wird, der Genehmigung des Publikumsrates. Zum Schluss braucht es hier noch die Genehmigung durch die Regulierungsbehörde (KommAustria).
FORMULIERUNG IM GESETZESTEXT LÄSST ZWEIFEL AUFKOMMEN
Da es für die Jahre 2024 bis 2026 entsprechend § 31 Abs. 19 ORF-Gesetz nun eine gesetzlich festgelegte Beitragshöchstgrenze von 15,30 Euro/Monat gibt und diese die Limitierung des ORF-Budgets aus den Beiträgen und die Beitragshöhe regelt, stellen die Anwälte Höllwart und Scheer nun die Frage ob dieser Artikel tatsächlich auch als Beschluss, dass der ORF-Beitrag eben 15,30 Euro/Monat ausmacht, gewertet werden kann.
So heißt es im Gesetzestext:
In den Jahren 2024 bis 2026 darf vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen
- die Gesamtsumme der dem Österreichischen Rundfunk zur Verfügung stehenden Mittel aus ORF-Beiträgen den Betrag von 710 Mio. Euro und
- die Höhe des ORF-Beitrags den Betrag von monatlich 15,3 Euro
nicht übersteigen.
KOMMAUSTRIA WAR FÜR GENEHMIGUNG „DIESMAL“ NICHT ZUSTÄNDIG
Daher gab Inside Politics diese Frage an die Regulierungsbehörde KommAustria weiter und fragte nach ob der Nationalrat den ORF-Beitrag mittels eigenen Beschluss festgelegt bzw. nur dessen Höchtsgrenze beschlossen hat oder ob entsprechend dem im Gesetz vorgesehenen Prozedere die Medienbehörde auf Antrag der zuständigen Gremien des ORF die Genehmigung für die monatliche Beitragshöhe von 15,30 Euro erteilt hat?
Wenn letzteres zutrifft, wann wurde der Antrag gestellt, wurde diese
Entscheidung veröffentlicht und wann wurde die entsprechende Genehmigung
erteilt?
Andreas Kunigk, Pressesprecher der RTR-GmbH, hat auf diese Nachfrage von Inside Politics wie folgt geantwortet:
Sehr geehrter Herr Schiesl,
wie Sie wissen, wurde das ORF-Gesetz novelliert. Dazu gehört, dass der Gesetzgeber in § 31 Abs. 19 ORF-G den Beitrag mit EUR 15,30 für den Zeitraum der Jahre 2024 bis 2026 festgelegt hat. Insofern war eine Befassung der KommAustria gesetzlich nicht vorgesehen.
Alle anderen Bestimmungen des § 31 ORF-Gesetz, insbesondere jene, die die Genehmigung der KommAustria betreffen, gelten somit für allfällig notwendige Anpassungen des ORF-Beitrags nach 2026. Zu den weiteren Bestimmungen verweisen wir freundlichst auf das ORF-Gesetz.
Daraus ergibt sich, dass die Medienbehörde den Gesetzestext so versteht, dass der Gesetzgeber (Nationalrat) den Beitrag für die Jahre 2024 bis 2026 mit 15,30 Euro festgelegt hat.
ERLÄUTERUNGEN ZUM GESETZESENTWURF ERKLÄREN DIE BEITRAGSHÖHE
Damit bleibt einzig der Weg zu den sogenannten Erläuterungen (erläuternde Bemerkungen) zum Gesetzestext über. Hier heißt es wiederum auf Seite 17:
Der Gesetzgeber sieht ab 1.1.2024 anstelle der bisherigen gerätebezogenen Programmentgelte eine geräteunabhängige Geldleistung vor („ORF-Beitrag“). Aus den vorstehenden Nettokosten errechnet sich mit weiteren Annahmen zum Mengengerüst der Beitragspflichtigen (dazu sogleich) ein ORF-Beitrag von 15,30 Euro pro Monat.
Durch die vorgesehenen Einsparungsmaßnahmen kann die Höhe des einzelnen ORF-Beitrages gegenüber dem derzeit eingehobenen Programmentgelt daher trotz prognostizierter Kostensteigerungen auch mittelfristig gesenkt werden.
Näheres dazu findet sich auf der Parlamentsseite und im Erläuterungstext zum ORF-Gesetz. Dort werden auch die Berechnungen und Prognosen erklärt aus denen der monatliche ORF-Beitrag von 15,30 Euro errechnet wurde. Somit finden sich auf den Seiten 16 bis 19 dieses Dokumentes tatsächlich die benötigten Materialien die einem Normunterworfenen (Beitragszahler) und dem ORF-Beitragsservice (OBS-GmbH) ermöglichen die tatsächliche Höhe des ORF-Beitrags für den Zeitraum 2024 bis 2026 zu erkennen.
Ob diese Erläuterungen in der Regierungsvorlage „rechtlich“ ausreichend sind oder doch von Gerichten anders gesehen werden, entscheidet ganz und allein die unabhängige Rechtsprechung, sprich die Richter. Auf der anderen Seite ist es jedoch auch nicht sicher, dass die Rechtsanwälte Höllwarth und Scheer mit ihrer Meinung recht haben.
BIS BALD,
EUER SIVIC
INSIDE POLITICS – MEHR ALS TAGESPOLITIK…