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Die Logistikbranche ist ein hart umstrittenes Feld. Trotz etlicher Verbesserungen beim neuen Kollektivvertrag hat die Gewerkschaft der Halbierung der Zulagen für Nachtstunden zwischen 5:00 und 6:00 Uhr zugestimmt. Zahlreiche Teilzeitkräfte verdienen 10% weniger als noch zu Anfang des Jahres.

NACH KV-VERHANDLUNG – TEILZEITKRÄFTE VERDIENEN KÜNFTIG BIS ZU 10 PROZENT WENIGER

Für die meisten Menschen ist es nur ein Klick am PC, doch nach der Bestellung setzt sich eine wahre Kette von Vorgängen in Bewegung. Nach den Amazon Primedays am 15. und 16. Juli müssen wieder mehrere Millionen Bestellungen bearbeitet werden und das sichert Post, DHL, DPD, GLS und vielen anderen gute Geschäfte.

Denn die Logistikbranche boomt. Amazon, Alibaba und viele andere Onlinehändler sorgen für ein einträgliches Geschäft. Millionen von Paketen werden Jahr für Jahr von den Lagerhäusern der Versandhausgiganten über Depots von Zustelldiensten bis zur Tür des Endkunden transportiert. Als letzte Instanz hat der Empfänger meistens nur mit dem Postboten oder jeweiligen Fahrer zu tun. Im Hintergrund läuft aber eine ganze Kette von logistischen Abläufen, ehe eine Paket am Bestimmungsort ankommt.

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Bild: Es ist ein langer Weg bis ein Paket beim Endkunden ankommt.

In den Lagern arbeiten hunderte fleißige Hände schwer daran, unzählige Pakete aus- und einzuräumen, elektronisch zu erfassen und schließlich zum Kunden zu bringen. Diese Tätigkeit findet oft in den frühen Morgenstunden zwischen 4:00 Uhr und 8:00 Uhr statt. Österreichweit sind tausende Teilzeitarbeiter während den jeweiligen Stoßzeiten im Einsatz. Arbeitskräfte, die oft nicht mehr als 10-15 Stunden in der Woche arbeiten.

In Kurzschichten von je 2-3 Stunden wird dabei angepackt, die Zeit von 5:00 bis 6:00 Uhr wurde dabei mit 50% bezuschlagt.

KÜRZUNG DER ZULAGEN WIRKT SICH UNTERSCHIEDLICH AUS

Im Zuge der heurigen Tarifverhandlungen wurden aber im Kollektivvertrag die Zuschläge zwischen 5:00 Uhr bis 6:00 Uhr von 50% auf 25% gekürzt. Für Teilzeitarbeiter, die zu diesen Zeiten tätig sind und im Schnitt 10,50 Euro in der Stunde (ohne Zulagen) und somit ca. 500,- bis 550,- Euro Brutto für 40 Stunden im Monat verdienen, schlägt seit dem 1. April (kein Scherz) ein Minus von bis zu 10% auf dem Lohnzettel zu Buche.

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Bild: Mehr Arbeit für weniger Lohn, Markus R. erhielt im April für ein Drittel mehr Nachtstunden nur noch die Hälfte des Zulagensatzes vom März.

Der Student Markus R. wies Inside Politics auf den Sachverhalt hin. Wie ihm geht es bei seinem Arbeitgeber ca. 50 weiteren Werktätigen die zu den Stoßzeiten in der Früh und am frühen Abend in einem Lager in Graz-Umgebung zupacken. Österreichweit gibt es mehr als 40.000 Mitarbeiter in der Branche, es ist also davon auszugehen, dass tausende halbtags und geringfügig angestellte Lagerarbeiter Gehaltseinbußen verzeichnen.

ZULAGEN FÜR NACHT- UND ÜBERSTUNDEN WERDEN KÜNFTIG GLEICHZEITIG BEZAHLT

Die Kürzung wirkt sich aber unterschiedlich aus, im Sommer wird später angefangen als im Winter, damit fällt auch die Nachtzulage geringer aus. Markus R. arbeitet aber aufs Jahr gerechnet einen Monat “gratis” für seinen Dienstgeber.

Es verlieren nicht alle Geld, für andere kann es auch lediglich nur eine “Nulllohnrunde” sein und wer nur Untertags arbeitet ist in der Regel gar nicht betroffen. Die generelle Erhöhung der Löhne um 51 Euro im Monat, kann aber durch diese Änderung aufgefressen werden.

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Bild: Wer Untertags oder Vollzeit arbeitet spürt die Kürzung kaum.

Hintergrund war ein Deal zwischen Arbeitnehmervertretung und Arbeitgebern.
Die Gewerkschaft Vida wollte, dass die Überstunden- und Nachtstundenzuschläge gleichzeitig ausgezahlt werden, die Wirtschaftskammerverhandler waren für die Zuschlagskürzung zu bestimmten Zeiten. So hatte man sich nun darauf geeinigt, dass die Zulagen für Überstunden zwischen 21:00 und 22:00 Uhr und zwischen 5:00 und 6:00 Uhr von 100% auf das gesetzliche Minimum von 50% gesenkt werden. Diese Übereinkunft betraf auch den oben genannten Zuschuss für den frühen Morgen. Die Höhe von Nachtzulagen ist übrigens nicht gesetzlich geregelt.

Vollzeitkräfte, die eher in den Genuss von Nacht- und Überstunden-Zulagen kommen, gehören also zu den Gewinnern dieser Lohnrunde. Außerdem gibt es eine Erhöhung der Sonderzahlungen um 1% sowie eine Änderung beim “Stundenteiler” der jetzt als 164tel und nicht mehr 166tel vom Monatslohn bei der Berechnung von Überstunden zum Einsatz kommt. Näheres dazu findet sich auch in der offiziellen Aussendung der Gewerkschaft Vida.

ÄNDERUNGEN IM KV WIRKEN SICH MEISTENS DIREKT AUF ARBEITNEHMER AUS

Im Zuge der Recherchen baten wir die Kammern für Wirtschaft und Arbeit, das Sozialministerium und die Gewerkschaft Vida jeweils um eine Stellungnahme.
Für die Wirtschaftskammer hat die Geschäftsführerin der Fachgruppe der Spediteure geantwortet. In einem Telefonat sprach Frau Mag. Gritta Grabner davon, dass dieser Aspekt kein Thema bei den Gesprächsrunden war und man eigentlich ein gutes Ergebnis für alle Mitarbeiter ausgehandelt hätte. Dass es in manchen Betrieben kurze Schichten gebe, war ihr so nicht bekannt. Die Betriebe wollen aber gute Arbeiter, die auch entsprechend gut entlohnt werden sollen. Deswegen war man auch der Gewerkschaft mit der Auszahlung von zwei Zulagen gleichzeitig entgegengekommen und hat den Angestellten eine einmalige Bonuszahlung für das gute Geschäftsjahr 2018 gewährt.

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BIld: Die Gewerkschaft Vida bedauert die geringfügigen Lohneinbußen.

Vom Gewerkschaftsbund verwies Fachbereichssekretär Karl Delfs (Vida) auf den wichtigen Fortschritt bei den Verhandlungen. Denn die gleichzeitige Auszahlung von zwei Zuschlägen war ein Kompromiss bei dem die Arbeitnehmervertreter nicht “Nein” sagen konnten. Man sei aber bemüht, die “geringfügigen Einbußen” welche Teilzeitkräfte nun hinnehmen müssten bei den nächsten KV-Gesprächen durch eine Ersatzregelung zu kompensieren.

Bild: Laut Sozialministerium wirken sich Änderungen, wie Streichungen von Zulagen, im KV meistens direkt auf das Arbeitsverhältnis aus.

Hätten Arbeitnehmer nun Anspruch auf Schadensersatz gegenüber der Gewerkschaft, wenn diese eine Einigung zu Lasten der Werktätigen aushandelt? “Nein”, heißt es dazu von Sozialministerium und Arbeiterkammer.
Mag. Oliver Gumhold von der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit des Sozialministeriums als auch Mag. Gerald Mattersdorfer von der Rechtsabteilung der Arbeiterkammer Steiermark verwiesen darauf, dass der Arbeitgeber nicht auf Änderungen im KV hinweisen muss.

Es besteht auch kein Anlass für einen gerechtfertigten Austritt aus dem Vertrag. Eine Ausnahme wäre es, wenn dies im Dienstvertrag explizit vereinbart wäre. Ist das nicht der Fall greift der jeweilige KV automatisch aufs Dienstverhältnis über. Der Dienstgeber muss lediglich den jeweils aktuellen Kollektivvertrag “sichtbar” im Betrieb aushängen.

AK-Steiermark als auch Sozialministerium verweisen aber darauf, das Angestellte sehr wohl eine gesonderte Vereinbarung mit ihrer Firma treffen, oder eben unter Einhaltung der jeweils geltenden Fristen kündigen können. Das gesamte Statement des Sozial- und Arbeitsministeriums ist hier zu finden.

LAGERARBEITER “NOCH” DRINGEND GESUCHT

Trotz dieser negativen Entwicklung sind Lagerarbeiter noch gefragt. Die Arbeitskraft ist verhältnismäßig billig. Es könnte also auch dazu kommen, dass die Arbeitgeber von sich aus hier bei den Löhnen nachbessern müssen um überhaupt noch Personal zu bekommen.

Bild: Lagerarbeiter sind gefragt, die Arbeit machen wollen aber anscheinend immer weniger Menschen.

Inside Politics erfuhr etwa von zwei Personaldienstleistern die mittlerweile die eigenen Mitarbeiter darum bitten, für den Job im Familien- und Freundeskreis zu werben.
Auch das Logistikunternehmen DPD (Dynamic Parcel Distribution) spricht in einer Presseaussendung von heute (18.07.2019) von hunderten unbesetzten Stellen, jedoch bei den Zustellern. Dabei heißt es wörtlich: “…Wir könnten freilich noch schneller wachsen, es fehlen aber nach wie vor mehrere hundert Zusteller – und das in ganz Österreich.“


Video: Die Automatisierung der Logistikbranche schreitet weiter voran, Roboter könnten menschliche Arbeiter zusehends verdrängen. (Quelle: Boston Dynamics)

Der Personalmangel wirkt sich also bereits jetzt auf das Wachstum aus, diese Entwicklung könnte Logistikunternehmen möglicherweise auch zu einer schnelleren Umstellung bei der Automatisierung zwingen. Der Roboterhersteller “Boston Dynamics” präsentierte bereits im Frühjahr 2019 einen Logistikroboter, dieser könnte künftig viele mechanische Aufgaben übernehmen, selbiges gilt auch für die Zustellung per Drohnen. Diese Revolutionen dürften mittel- bis langfristig und unabhängig vom aktuellen Arbeitskräftemangel in der Logistikbranche, sowieso nicht mehr aufzuhalten sein.

BIS BALD,
EUER SIVIC

INSIDE POLITICS – MEHR ALS TAGESPOLITIK…

VonSivic

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