Auf Corona folgt wieder Ibiza. Die spanische Mittelmeer-Insel rückt immer mehr in den Fokus der österreichischen Innenpolitik. Denn seit 4. Juni beschäftigt sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit dem Ibiza-Video.
Doch Ibiza ist mittlerweile mehr, es wurde zu einem virtuellen 24. Bezirk von Wien, ein Tummelplatz von Politik, Medien, Wirtschaft und Behörden.
In Wien hat sich ein neuer Bezirk etabliert, er heißt Ibiza und ist nicht nur die Heimat eines Anwaltes, der mit einer Video-Falle dem damaligen FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache die Polit-Karriere kostete, es ist auch der Ort für Intrigen und offene Auseinandersetzungen zwischen Politik, Medien, Wirtschaft, Behörden und anderen gesellschaftlichen Gruppierungen geworden.
Denn die Auswirkungen des Ibiza-Videos ziehen insbesondere in der Medienbranche ihre Kreise. Hier kam es teilweise zu einer Vertrauenskrise mit weitreichenden Folgen.
Jüngstes Beispiel dafür ist die Auseinandersetzung zwischen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und der Tageszeitung Kurier im Zusammenhang mit der Berichterstattung zu den Ermittlungen.
IBIZA SPALTET MEDIENWELT AUF
So heißt es aus der Branche, dass die Ibiza-Affäre auch Freundschaften und den kollegialen Zusammenhalt innerhalb der Medienszene erschüttert hätte.
Dabei stellen sich insbesondere die Fragen, ob Journalisten im Vorfeld Bescheid wussten, im Kontakt zum sogenannten Ibiza-Netzwerks des Wiener Rechtsanwalts R.M. und des Detektivs J.H., der die Herstellung des Videos verantwortete, standen und dabei ihre Kontakte zu Politikern ausnutzten, um gemeinsam mit den Hintermännern von Ibiza den richtigen Zeitpunkt zur Veröffentlichung des Videos festzulegen.
Hinzu kommen gegenseitige Drohungen, Schriftverkehr über Anwälte, Intrigen, Kündigungen und Jobwechsel. Dieser Art Vorgänge stehen zwar besonders in Wien auf der Tagesordnung, sind jedoch im Zusammenhang mit dem Ibiza-Video etwas häufiger aufgetreten und teilweise auch medial diskutiert worden.
REDAKTIONSWECHSEL ALS FOLGE DER IBIZA-AFFÄRE?
So rankten sich zahlreiche Gerüchte um den Wechsel von Richard Schmitt (ehm. Chefredakteur von Krone-Online) zu OE24.at im Sommer 2019.
Dieser wird in Medienkreisen als Folge der Äußerungen Straches im Video gewertet. Heinz-Christian Strache sagte auf der Couch der Finca in Ibiza, dass Schmitt einer der besten Journalisten des Landes sei. Dieses Zitat wurde von manchen Medien wie der Süddeutschen Zeitung in Verbindung mit dem kolportierten Kauf der Kronen Zeitung und dem “Zack Zack Zack-Sager”, wonach drei bis vier Journalisten durch Vertrauensleute ersetzt werden müssten, gebracht.
Tatsächlich soll Strache lediglich den Online-Chefredakteur gelobt und dabei über Interventionen, welche die Berichterstattung über Strache selbst betrafen, gesprochen haben. Die anderen Aussagen standen laut Richard Schmitt – der sich auf die Notizen von Florian Klenk beruft – nicht im Zusammenhang mit ihm.
Trotzdem hatten diese Medienberichte Konsequenzen. Schmitt gab am 1. Juli 2019 die Chefredaktion der Online-Redaktion ab und verließ Ende des selben Monats das Unternehmen.
Durch solcher Art Berichterstattung entstand im vergangenen Jahr ein spannungsgeladenes Umfeld im Medienbereich, welches für Spekulationen und gegenseitiges Misstrauen sorgte und den Konkurrenzkampf zwischen den Medienhäusern weiter anheizte. In Einzelfällen wird auch über eidesstaatliche Erklärungen gesprochen, die von Journalisten gegenüber ihren Arbeitgebern abgegeben werden mussten um klarzustellen, dass sie nichts mit dem Ibiza-Netzwerk zu tun haben.
Als Beispiele dafür dienen einzelne Gerichtsverfahren, die wiederum exemplarisch für den “Machtkampf um die Wahrheit” der hinter den Kulissen entbrannt ist, stehen.
KRONE-MODERATORIN WAR MIT IBIZA ANWALT LIIERT
Denn bereits im vergangenen November erstritt die Wiener Moderatorin Katia Wagner gegen Alt-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (ehm. FPÖ) eine einstweilige Verfügung.
Im Zuge des Verfahrens vor dem Wiener Handelsgericht wurde Strache untersagt Wagner in Verbindung mit dem “kriminellen Ibiza-Netzwerk” zu nennen.
Hintergrund für diese Behauptung war die langjährige Beziehung der Journalistin mit Ibiza-Anwalt R.M., mit dem Wagner auch mehrere Beauty-Salons in Wien betrieben hatte.
Zur selben Zeit wurde auch bekannt, dass die Krone-Moderatorin auf Vermittlung ihres ehemaligen Chefs und Förderers Richard Schmitt in Verhandlungen mit OE24 stand. Im Falle eines Wechsels soll ihr ein Gehalt von 9.000 Euro (brutto) angeboten worden sein. Katia Wagner lehnte aber ab, verblieb bei der Kronen Zeitung.
Kurz darauf erschien unter dem Titel “Schwere Vorwürfe – Was wusste ‘Krone’-Moderatorin?” ein Artikel über das ehemalige Model (u.a.”Miss Earth Air 2013″) auf OE24. Darin wurde über die möglichen Verbindungen zwischen Katia Wagner und dem Rechtsanwalt R.M. berichtet.
Inside Politics wurden die vom Standard veröffentlichten Informationen sowohl aus dem Umfeld von OE24 als auch jenem von Katia Wagner bestätigt.
HATTE KATIA WAGNER WEITERHIN KONTAKT ZUM IBIZA-NETZWERK?
Am 15. Mai hatte die Rechercheplattform Fass ohne Boden einen Beitrag über den Drogenfund in einer Damenhandtasche berichtet und dazu Passagen aus einem Vernehmungsprotokoll der Soko Tape (int. Bezeichnung für Soko Ibiza) veröffentlicht. Die Tasche wurde im Zuge einer Hausdurchsuchung sichergestellt und einer Moderatorin, im Artikel als “TV-Lady” bezeichnet, zugeordnet. Die Dame wiederum bestritt, dass ihr diese gehöre, bestätigte jedoch ein gleiches Modell in ihrer Sammlung von über 200 Exponaten zu besitzen.
Bei der TV-Lady handelte es sich um Katia Wagner. Diese hatte kurz darauf Fass ohne Boden zu einer Ergänzung des Artikels aufgefordert und gab bekannt, dass die Ermittlungen gegen ihre Person eingestellt wurden.
Update vom 14. Juni, 2020, 15:18 Uhr:
Nach Veröffentlichung dieses Artikels kontaktierte Frau Wagner die Inside Politics-Redaktion (Inside Politics versuchte Katja Wagner im Vorfeld bereits mehrmals zu erreichen) und verwies darauf, dass sie mit dem Artikel auf Fass ohne Boden nicht einverstanden sei und die dort gemachten Andeutungen (“TV-Lady”) sie eindeutig indentifizierbar gemacht hätten, weswegen es auch zur Aufforderung der Klarstellung kam.
Desweiteren verwies sie darauf, dass Gerüchte über eine Neuverhandlung ihres Gehaltes bei der Kronen Zeitung – im Artikel ursprünglich als Salär bezeichnet – nicht korrekt sind und sie gegenüber Behörden und Medien nicht angegeben hat, keinen Kontakt mehr zu Rechtsanwalt R.M. zu haben. Es gab dazu auch keine anderslautenden Berichte.
Hinweis der Red.: Beim letzten von Frau Wagner angesprochen Punkt kam es bei der Zusammenfassung tatsächlich zu einem Fehler seitens des Autors, wofür sich dieser auch entschuldigt.
BIS BALD,
EUER SIVIC
Update vom 14. Juni, 2020, 14:07 Uhr:
Hinweis: In allen noch offenen Verfahren gilt für alle genannten Personen die Unschuldsvermutung.
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