Der Warnbrief des Stadtrechnungshofes an die Stadtregierung bezüglich der Liquidität von Graz sorgte diese Woche für Aufregung. Laut dem Schreiben stünde Graz bereits 2023 vor der Zahlungsunfähigkeit. Nun versuchten Bürgermeisterin Elke Kahr und Finanzstadtrat Manfred Eber die Lage zu entspannen.
Am letzten Montag (07.11.2022) wurde an die Medien ein vertrauliches Schreiben des Grazer Stadtrechnungshofes welches an Bürgermeisterin Elke Kahr, Finanzstadtrat Manfred Eber (beide KPÖ), Vizebürgermeisterin Mag. Judith Schwentner und alle anderen Mitglieder des Stadtsenats gerichtet war, weitergegeben.
In diesem Brief warnte Stadtrechnungshofsdirektor Hans-Georg Windhaber davor, dass die Stadt Graz bereits im Jahr 2023 zahlungsunfähig werden würde und dies zur Einsetzung eines Regierungskommissärs durch die Landesregierung führen könnte. Im Falle dessen, würde es dann zu Neuwahlen kommen.
Nach Bekanntwerden dieser Warnung versuchten Politiker in der Grazer Koalition und auf Landesebene umgehend zu beruhigen (wir berichteten), verwiesen jedoch darauf, dass die Budgetlage insgesamt ernst, aber nicht hoffnungslos sei.
GRAZ – BUDGET MUSS KONSOLIDIERT WERDEN
Am Freitag (11.11.2022) versuchten Bürgermeisterin Elke Kahr, Finanzstadtrat Manfred Eber, Finanzdirektor Mag. Stefan Tschikof und Magistratsdirektor Mag. Martin Haidvogel bei einer Pressekonferenz die aufgeheizte Stimmung abzukühlen. So wurde erklärt, dass solche Warnschreiben völlig normal waren und der Brief des Rechnungshofes nur deswegen kam und daher besonders dramatisch formuliert war, weil seitens der Stadtregierung ihre Pläne zur Konsolidierung des Budgets gegenüber den Prüfern noch nicht vorgelegt worden waren. Man hatte hier laut Kahr zwei bis drei Tage zulange damit gewartet.
Nun befindet man sich im Zuge der Planungen für 2024 in der Konsolidierungsphase in der alle betroffenen Ämter, Unternehmen usw. sich zu Wort melden können und entsprechende Vorschläge und Konzepte vorlegen können, bis Anfang nächsten Jahres will man die Pläne dann durch den Gemeinderäte bestätigen lassen.
Auch Magistratsdirektor Martin Haidvogel versuchte zu beruhigen und erklärte abermals, dass die kolportierte Absetzung der Stadtregierung durch die Gemeindeaufsicht (Landeshauptmann) nur das allerletzte Mittel sei und es hier vorher noch mehrere Instanzen gäbe, ehe ein solcher drastischer Schritt überhaupt in Betracht komme. Dabei unterstrich Haidvogel, dass eine Verhinderung der Zahlungsunfähigkeit vorher scheitern müsse, ehe die Landesregierung zu solchen Maßnahmen greifen könnte.
STADT WIRD DIE GEBÜHREN ERHÖHEN
Im Zuge der Pressekonferenz wurden bereits erste Einsparungsmaßnahmen und Möglichkeiten Einnahmen zu lukrieren bekanntgegeben. So wurde bereits jetzt angekündigt, dass die Aussetzung der Erhöhung der Entsorgungs-/Müllgebühren nicht fortgesetzt und es 2023 zu einer Steigerung der Parkgebühren und Strafen kommen wird. Eine City-Maut lehnt Elke Kahr hingegen ab, da diese ihrer Meinung nach mehr Kosten als Einnahmen erzeugen würde.
Video: 52 Minuten lang standen Bürgermeisterin Elke Kahr, Finanzstadtrat Eber, Magistratsdirektor Haidvogel und Finanzdirektor Tschikof den Medienvertretern Rede und Antwort.
Leiharbeitsverträge sollen hingegen in direkte Dienstverhältnisse umgewandelt werden um somit Kosten bei den Leihunternehmen zu sparen, denn im Regelfall ist die Arbeitskräfteüberlassung teurer als die Direktanstellung, nur erspart sich der Besteller im Kündigungsfall die damit verbundene Bürokratie. Kahr betonte jedoch, dass etwa in der Zentralküche der Stadt Graz Personen seit 10 Jahren bereits als Leiharbeitskräfte tätig sind und sie solche Zustände für untragbar hält und diese Personen in den städtischen Dienst übernehmen möchte.
Ebenfalls zur Diskussion steht ein Aufnahme-Stopp bei Nachbesetzungen, hier sollen Neustrukturierungen den natürlichen Abgang von Personal (z.B. Pensionierungen) kompensieren. Welche Maßnahmen tatsächlich kommen und ob weitere Schritte folgen, wird in den nächsten zwei Monaten festgelegt.
BEDENKLICHE SICHERHEITSLÜCKE
Was die Weitergabe des Briefes an die Medien anbelangte sprach Kahr davon, dass hier Seitens eines Mitglieds oder Vertrauten aus dem Stadtsenat das Vertrauensverhältnis massiv unterminiert und das Amtsgeheimnis verletzt wurde. Rechtliche Schritte will die Bürgermeisterin jedoch nicht einleiten.
Aus einer gut informierten Quelle im Grazer Gemeinderat erfuhr Inside Politics wiederum, dass in Folge der Berichterstattung bereits Dienstag Morgen/Vormittag mehrere Banken bei der Finanzdirektion der Stadt Graz vorstellig wurden und eine Aufklärung über die Lage wünschten. Die Berichterstattung soll damit zumindestens kurzfristig der Reputation der Stadt als “guter Schuldner” infrage gestellt haben. Unabhängig bestätigen ließ sich diese Aussage nicht.
Sollten die Angaben stimmen, sind diese in Verbindung mit der aufgebrachten allgemeinen Stimmung zu sehen und zeigen, dass die gezielte Herausgabe des Schreibens an die Medien auch als Waffe gegen die Stadtregierung eingesetzt wurde. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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