Der Wahlkampf ist zu Ende, die EU-Wahl geschlagen. Bis 23:00 Uhr durften die Ergebnisse nicht veröffentlicht werden. Nun steht es fest, die FPÖ wurde stärkste Fraktion, doch ist der Vorsprung zu ÖVP und SPÖ marginal.
VORLÄUFIGES WAHLERGEBNIS ZUR EU-WAHL 2024
Die Wartezeit um die Wahlergebnisse der EU-Wahl zu erhalten ist stets lang, aufgrund des späten Wahlschlusses in Italien (23:00 Uhr) dürfen alle anderen Mitgliedsstaaten die eigenen Ergebnisse nicht veröffentlichen.
Einzig Nachwahlbefragungen (Trendanalysen und Exitpolls) dürfen kund gemacht werden. Nun steht das vorläufige Wahlergebnis fest und die FPÖ hat ein Plus von 8,53 % geschafft und wie von vielen Beobachtern und Wahlforschern erwartet, mit 25,73% den ersten Platz besetzt. Dabei liegt der Wert im unteren Bereich der Umfragen die in den letzten Wochen veröffentlicht wurden. Jedoch liegt der Vorsprung zur ÖVP nur bei einem Prozentpunkt. Letztere verliert -9.82% und landet mit 24,73% auf Platz Zwei. Die SPÖ kommt auf 23,23% (-0.66%), die Grünen auf 10,74% (-3.34%), NEOS auf 9,94% (+1.5%), die KPÖ hat um 2,11% zugelegt. Die erstmals angetretene Liste DNA erreichte 2,71% der Stimmen.
Somit werden die beiden Kleinparteien nicht in das EU-Parlament einziehen. In Mandaten umgerechnet heißt das: Sechs Sitze für die FPÖ, ÖVP und SPÖ erhalten jeweils fünf, Grüne und NEOS stellen künftig je zwei Abgeordnete. Ob das Ergebnis in Österreich zu innenpolitischen Veränderungen oder gar Rücktritten führen wird, ist im Moment nicht abzusehen. Klar ist jedoch, dass die EU-Wahl auch ein erster Stimmungstest für die Nationalratswahl war und aufzeigt, dass der Abstand zwischen den „Großen Drei“, also FPÖ, ÖVP und SPÖ momentan deutlich geringer ist, als in bisherigen Umfragen angenommen wurde.
AKTUELLE DATEN ZU DEN DETAILERGEBNISSEN (Update vom 10.06.2024)
Die Freiheitlichen wurden in Öberösterreich, der Steiermark und Kärnten stimmenstärkste Kraft. In Niederösterreich, Tirol, Salzburg und Vorarlberg sicherte sich Volkspartei den ersten Platz. In Wien und Burgenland behaupteten die Sozialdemokraten ihre Spitzenposition. So konnte die FPÖ in sieben von 13 steirischen Bezirken die meisten Stimmen für sich lukrieren. In der Landeshauptstadt Graz kam die SPÖ mit 20,87 % auf Platz Eins, danach folgt ein enges Feld aus Grünen (19,11%), ÖVP (18,36 %) und FPÖ (17,31%), NEOS (14,61%), KPÖ (6,78) und DNA (2,97%) erreichten zum Teil sogar Ergebnisse die deutlich über dem Bundesschnitt lagen.
Es fällt also hier auf, dass ähnlich wie auf Bundesebene, sich mehrere Parteien in einem sehr schmalen Bereich von 3,56% bewegen. Dies ist im Regelfall auch die Schwankungsbreite bei vielen Umfragen. Bei der Endbetrachtung sind daher u.a. Einflussfaktoren wie der Beliebtheitsgrad eines Spitzenkandidaten, Rücken- oder Gegenwind durch die Bundespartei (abhängig vom jeweiligen Image), die Gewichtung die Wähler einer EU-Wahl im Vergleich zu einer Nationalratswahl oder einer Landtagswahl geben und etwa die Wahlbeteiligung, noch zu berücksichtigen. In Linz, Salzburg, Innsbruck und St. Pölten setzte sich ebenfalls die SPÖ durch, in Bregenz und in Eisenstadt die ÖVP. Spannend wurde es auch in Klagenfurt, hier konnte sich die FPÖ mit 27,44% sehr knapp gegen die SPÖ mit 27,10% behaupten. Mehr Detailergebnisse finden Sie auf der Sonderseite des ORF zu den Wahlergebnissen.
FEHLENDER HEIMATBONUS – HOHE VERLUSTE FÜR ÖVP
Zurück in die Steiermark. Hier ist besonders die Marktgemeinde Hitzendorf (Graz-Umgebung) interessant, die ÖVP hatte dort 2019 51,45% der Wähler für sich gewinnen können. Fünf Jahre später brach dieses Ergebnis ein. Nun kam die Volkspartei nur noch auf 24,97% und wurde von der FPÖ mit 28,97% (+10,68%) deutlich überholt. Dieser spezielle Absturz könnte wohl damit zu tun haben, dass 2019 die damalige Bürgermeisterin, Simone Schmiedtbauer, für das EU-Parlament kandidierte. Im Oktober 2023 wechselte Schmiedtbauer als Nachfolgerin für Agrarlandesrat Johannes Seitinger in die Steiermärkische Landesregierung. Zudem fällt auf, dass der nunmehrige Spitzenkandidat der Volkspartei, Dr. Reinhold Lopatka für sich keinen „Heimatbonus“ nutzen konnte. In seinem Heimatbezirk, Hartberg-Fürstenfeld, verlor die ÖVP in den Gemeinden durchgehend zwischen 5% bis fast 18% der Stimmen vom letzten Wahlgang. Hier gewannen insbesondere die FPÖ, die KPÖ und DNA deutlich über dem Bundeswahlergebnis dazu.
FAZIT:
Inwiefern die steirischen Detailergebnisse oder jene anderer Bundesländer sich auf die noch anstehende Nationalratswahl im Herbst und die Landtagswahlen in der Steiermark und Vorarlberg auswirken, bleibt offen. Durch den grundsätzlichen Anstieg des Anteils von Wechselwählern, die insbesondere zwischen den jeweiligen Ebenen (Gemeinde, Land, Bund und EU) unterscheiden, kommt es insbesondere in urbanen Gebieten zu deutlichen Unterschieden zwischen den Urnengängen.
Update 10.06.2024: Die Grafik wurde um Plus und Minus bei den Prozentpunkten ergänzt.
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