Das Bundesheer stellt Ende 2020 den Betrieb mit dem Trainingsflugzeug Saab-105 ein. Eine Nachfolgemaschine wird nicht beschafft, heißt es in der Presseaussendung.
SAAB 105 BLEIBT OHNE NACHFOLGER
Die Debatte um die heimische Luftraumüberwachung ist um eine Facette reicher. In der heutigen Sitzung der Wehrsprecher präsentierte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner ihr Ausstiegskonzept aus der SAAB 105, der Jet-Trainer der auch als Erdkampf- und leichtes Luftraumüberwachungsflugzeug genutzt wurde, soll Ende 2020 außer Dienst gestellt.
Video: Schweden und Österreich setzen weiterhin auf die Saab 105 als Trainer und leichtes Erdkampfflugzeug, beide Luftwaffen suchen jedoch nach Ersatz. (Quelle: Steirerwerk)
Wie es mit dem Betrieb von Überschallflugzeugen in Österreich weitergehen soll bleibt aber vorerst abzuwarten. Die Regierung will über eine eventuelle „Eurofighter-Typhoon-Nachfolge“ jedoch erst nach dem Ende der rechtlichen Verfahren gegen Airbus entscheiden.
Näheres dazu in der Presseaussendung des Verteidigungsministeriums:
Am heutigen Montag trafen die Wehrsprecher aller Parlamentsparteien, Luftraumüberwachungs-Experten des Heeres, der Generalstabschef, der Präsident der Finanzprokuratur und die Bundesministerin für Landesverteidigung zusammen, um über die Zukunft der Luftraumüberwachung Österreichs zu debattieren. Im Fokus standen die Causa Eurofighter sowie die Nachfolge der Saab 105 OE.
Causa Eurofighter
Zu Beginn der Sitzung wurde ein Überblick über die aktuelle Lage in der Causa Eurofighter präsentiert. Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass im Rahmen der Eurofighter-Beschaffung seit 2002 und beim Vergleich 2007 Korruption und Täuschung seitens Airbus/Eurofighter gegenüber der Republik stattgefunden hat. Deswegen hat die Republik Österreich nach erfolglosen Verfahren in der Vergangenheit 2017 erneut eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen Verdachts des schweren Betrugs (Strafgesetzbuch §§ 146, 147) eingebracht. Außerdem hat sich die Republik Österreich am Strafverfahren beteiligt, um die zivilrechtlichen Ansprüche geltend zu machen. Anfang 2019 wurde dieses Verfahren von der Staatsanwaltschaft Wien an die WKStA übertragen. Im Februar 2020 wurde bekannt, dass Airbus in einem Gerichtsverfahren in den USA erstmals eingestanden hat, weltweit unlauteres Verhalten bei der Anbahnung und Durchführung von Geschäften praktiziert zu haben. Dabei wurde auch eingestanden, dass es in Österreich zumindest 55 Millionen Euro an politischen Zuwendungen gegeben hat. Auf Basis dieser neuen Erkenntnisse hat das Bundesministerium für Landesverteidigung in Zusammenarbeit mit der Finanzprokuratur im Mai eine neue Sachverhaltsdarstellung eingebracht.
„Die Republik Österreich wird weiterhin alle Rechtsmittel ausschöpfen, um das Ziel zu erreichen, aus dem Eurofighter-Vertrag auszusteigen und von Eurofighter entschädigt zu werden. Bis zur endgültigen Entscheidung der Justiz werden keine Entscheidungen in Bezug auf die Luftraumüberwachung getroffen, die die Position Österreichs gegenüber Eurofighter verschlechtern würden“, so die Verteidigungsministerin.
Nächste Schritte in der Luftraumüberwachung
In den letzten drei Jahren gab es drei verschiedene Kommissionen bzw. Expertenberichte, beauftragt durch den jeweiligen Minister, in denen die notwendigen nächsten Schritte in Bezug auf die Luftraumüberwachung in Österreich analysiert wurden. Diese waren die Sonderkommission unter BM Doskozil im Jahr 2017, die Evaluierungskommission unter BM Kunasek im Jahr 2018 und der Bericht „Unser Heer 2030“ unter BM Starlinger im Jahr 2019. Derzeit betreibt Österreich ein 2-Flotten-System für die aktive Luftraumüberwachung. Eine Kombination aus Eurofighter Überschallfliegern für die Luftraumüberwachung und Saab 105 Unterschallfliegern für Schulung, die die Luftraumüberwachung ergänzen. Es können damit ca. 10 Stunden Einsatzbereitschaft pro Tag für die Luftraumüberwachung sichergestellt werden, wobei 94% durch die Eurofighter abgedeckt werden und 6% durch die Saab 105. Klar ist, dass die Saab 105 nur mehr bis Ende 2020 einsetzbar sind – das ist bereits seit mehreren Jahren bekannt.
Betrachtet man die Nachbarländer der Republik Österreich, so kommt man zu dem Schluss, dass keines dieser Länder über ein 2-Flotten-System zur aktiven Luftraumüberwachung verfügt. Deutschland, Tschechien, Italien, Ungarn, die Slowakei oder auch die Schweiz verfügen über ein 1-Flotten-System. Slowenien lässt seinen Luftraum im Rahmen der Nato-Mitgliedschaft von Ungarn und Italien beschützen.
Die Empfehlungen aus den drei Berichten zeichnen kein klares Bild. Die Doskozil-Sonderkommission empfiehlt den Umstieg auf ein 1-Flotten-System für die aktive Luftraumüberwachung, die Kunasek-Evaluierungskommission ebenso. Also haben sie sich gegen die Saab 105 OE Nachbeschaffung ausgesprochen. Der Starlinger-Bericht gibt die Empfehlung ab, eine zweite Flotte zur Unterstützung der Eurofighter sowie zum Training anzuschaffen.
Klaudia Tanner: „Wir sind dankbar für die umfangreichen Berichte und Empfehlungen, die von den drei Kommission erstellt wurden. Diese werden die Basis für die Entscheidungen über die Zukunft unserer Luftraumüberwachung sein.“
Schlussfolgerungen
Klar ist, dass die Republik Österreich das Verfahren gegen Airbus mit größtem Nachdruck weiterverfolgt. Was die notwendigen Schritte in Bezug auf die Saab 105 betrifft, wird festgehalten, dass sowohl die Doskozil-Kommission als auch die Kunasek-Kommission keine Nachbeschaffung empfohlen haben, in unseren Nachbarstaaten die Luftraumüberwachung überall durch ein 1-Flotten-System organisiert ist und dass – selbst wenn jetzt ein Beschaffungsvorgang eingeleitet wird – die neuen Flugzeuge Anfang 2021 noch nicht bereitstehen würden. Eine Übergangslösung wäre somit sowohl bei einem 1-Flotten-System als auch bei einem 2-Flotten-System notwendig.
Folgende Eckpunkte werden bis zur Klärung des Rechtsstreits zum Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag sichergestellt:
1. Die Saab 105 wird aufgrund des Endes der technischen Lebensdauer ‚ausgephast‘ und nicht nachbeschafft.
2. Es werden Maßnahmen gesetzt, die Luftraumüberwachung und die Ausbildung der Piloten weiterhin zu gewährleisten.
3. Ein breiter Diskussionsprozess auf parlamentarischer Ebene wird gestartet, um die Optionen für die Zeit nach Abschluss des Eurofighter-Verfahrens auszuloten.
STELLUNGNAHMEN VOM GENERALSTABSCHEF
UND DER VERTEIDIGUNGSMINISTERIN
Generalstabschef Robert Brieger: „Um in den nächsten maximal zehn Jahren den österreichischen Luftraum zu sichern, müssen wir ein bis zwei Piloten pro Jahr ausbilden. Nur dafür ein zweites System anzuschaffen, ist weder militärisch notwendig, noch von den Kosten her zu verantworten. Die derzeit auf der Saab 105 OE eingesetzten Piloten und Werftmitarbeiter werden dringend für andere Luftflotten des Bundesheeres benötigt. Die Ausbildung wird künftig, wie bisher, auch im Ausland stattfinden.“
Klaudia Tanner: „Alle unsere Entscheidungen des heutigen Tages fußen auf Expertenmeinungen, die unter anderem vom Generalstab ausgehen. Es ist unsere Verantwortung, den Luftraum auf eine kosteneffiziente und adäquate Art und Weise zu schützen. Das werden wir auch tun. Klar ist, dass wir nichts tun werden, was unsere Position gegenüber Eurofighter/Airbus schwächt.“
Update, 11.07.2020, 11:41 Uhr: Video von der Airpower 2016, Quelle Steirerwerk.
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