Die österreichische Medienlandschaft ist relativ kompakt. Dabei gibt es auch viele geschäftliche und private Verbindungen zwischen Politik, Medienschaffenden und PR-Branche. Inside Politics stellt die Frage ob es hier mehr Transparenz braucht?
Die österreichischen Mediengesetze sprechen davon, dass die Medien transparent sein und offenlegen müssen wem sie gehören. Doch für Journalisten gelten bislang keine Transparenz- und Offenlegungspflichten.
Medien beeinflussen die öffentliche Meinung, müssen ein Impressum führen und angeben wem Sie gehören. Doch die Person die eine Zeitung schließlich ausmacht ist der Journalist der die Beiträge verfasst, nur woher soll ein Leser wissen ob diese Person auch wirklich unabhängig ist?
Dabei wären genau diese Punkte im Sinne der Konsumenteninformation und dem Abbau von Vorwürfen gegenüber Medienschaffenden (Stichwort: Lügenpresse) wichtig. Denn die geschäftlichen als auch privaten Verbindungen des schreibenden Gewerbes können die Qualität eines Artikels oder Beitrages beeinflussen.
Dabei ist anzumerken, dass auch Medienunternehmen selbst offensiv mit Werbekunden zusammenarbeiten. So präsentierte der ORF etwa gemeinsam mit der Erste Bank 2014 das ECO-Jahrbuch, moderiert von Angelika Ahrens (damals Moderatorin des Wirtschaftsmagazins ECO). Der Rundfunk bietet aber auch ein eigenes Service an mit dem Unternehmen sowie Privatpersonen, ORF-Stars für Veranstaltungen buchen können.
TWITTER-UMFRAGE SORGT FÜR UNMUT
Doch beeinflusst eine Ehe zwischen dem Geschäftsführer einer PR-Agentur der eine Kampagne für eine Partei koordiniert und der Nachrichtensprecherin eines Fernsehsenders auch wirklich die Berichterstattung über einen Wahlkampf?
Claudio Schiesl wollte das wissen und stellte auf Twitter die Frage, ob bestimmte Berufsgruppen wie Journalisten, PR-Berater oder Politiker ihre privaten und geschäftlichen Verhältnisse offenlegen sollen.
Tatsächlich führte diese Umfrage zu einer Debatte auf Twitter die aber vom Hauptthema „geschäftliche und private Verbindungen“ abwich und in eine Vermögensaufstellung überging. Der ehemalige Medienminister und vor kurzem zurückgetretene SPÖ-Bundesgeschäftsführer Mag. Thomas Drozda sprach dabei seine persönliche Erfahrung der letzten Jahre und Wochen an.
Ob die gebrauchte Uhr (Rolex) oder der 30 Jahre alte Porsche; laut Drozda würde in der Politik mittel- bis langfristig alles transparent werden.
Die Mehrheit (57%) der immerhin 89 Umfrageteilnehmer, sprach sich gegen eine Meldepflicht aus. Das Ergebnis ist aber keinesfalls repräsentativ, sondern spiegelt nur die persönliche Meinung einiger Privatpersonen, Politiker und Journalisten wieder. Dabei war zu beobachten, dass sich etliche Leser durchaus für eine Transparenzliste aussprachen.
PRIVATE VERBINDUNGEN IM FOKUS DER MEDIALEN ÖFFENTLICHKEIT
Denn zahlreiche Beispiele belegen, dass die Vernetzungen zwischen der kritischen Presse und der Politik weit mehr sind als ein berufliches Miteinander. Mittlerweile reagieren auch Medienhäuser darauf und ziehen Mitarbeiter bei Bekanntwerden von Beziehungen zu Politikern im Zweifel ab.
Denn durch solche Enthüllungen könnte die eigene Glaubwürdigkeit in Mitleidenschaft gezogen werden und der gute Ruf des Hauses leiden.
So wurde etwa ZIB-Moderator Mag. Tarek Leitner von Wahlduellen mit Christian Kern abgezogen, weil dessen Familie und jene des Alt-Bundeskanzlers 2015 gemeinsam auf Urlaub waren. Die Ehe von Leitners Kollegin Mag. Claudia Reiterer mit Mag. Lothar Lockl, dem Wahlkampfleiter von Bundespräsidenten Prof. Dr. Alexander Van der Bellen, wurde 2016 bei Ihrer Bestellung zur Moderatorin von „IM ZENTRUM“ wiederum vom ORF proaktiv kommuniziert um so über jeden Zweifel erhaben zu sein.
Doch nicht nur im ORF finden sich Beispiele solcher Verbindungen. So sind auch der Politik- und Medienberater Peter Plaikner und die Politologin FH-Prof. Dr. Kathrin Steiner-Hämmerle privat ein Paar. Plaikner lernte Steiner-Hämmerle 2006 durch seine Tätigkeit als Lehrgangsmanager für Prof. Dr. Peter Filzmaier auf der Uni-Krems kennen.
Plaikner war 23 Jahre lang bei der Tiroler Tageszeitung (TT) tätig, u.a. 2003 in der Funktion eines Geschäftsführers. Heute schreibt er für verschiedene Zeitungen Kolumnen, berät Parteien, sowie Unternehmen in Marketing- und Kommunikationsfragen und ist als Vortragender tätig.
Die Liste der privaten Beziehungen zwischen Politik, Medien- und PR-Branche lässt sich aber noch um einige Beispiele ergänzen. So ist der ehemalige ÖVP-Medienminister Mag. Gernot Blümel mit der Puls24-Moderatorin Clivia Treidl liiert, Philippa Strache wiederum arbeitete vor ihrer FPÖ-Karriere und Ehe mit Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) für OE24 als Wetter-Lady und der neue NEOS-Abgeordnete Dr. Helmut Brandstätter ist mit der ORF-Journalistin Mag. Patricia Pawlicki verheiratet.
In vielen Fällen verzichten die Ehepartner auf einen gemeinsamen Familiennamen, denn einerseits fällt so die zwischenmenschliche Verbindung öffentlich weniger auf, andererseits ist der eigene Name ein unverzichtbarer Teil der eigenen Marke und somit ein wesentliches Element des medialen Wiedererkennungswertes.
JOURNALISTEN NUTZEN IHRE POPULARITÄT OFT FÜR ATTRAKTIVE NEBENJOBS
Jedoch finden sich zwischen Journalisten und Politikern nicht nur im Ehebett, sondern auch im Arbeitsleben häufig wieder.
Neben dem medialen Brotberuf, schaffen sich etliche Pressevertreter auch ein zweites Standbein. Vielfach findet man Journalisten als Veranstaltungsmoderatoren, Lehrende an Fachhochschulen oder Universitäten, in der Funktion eines Medientrainers und Kommunikationsberaters oder in jener des Leiters für Coaching-Seminare wieder.
Eine beliebte Nebentätigkeit ist auch jene des Buchautors, Auslandskorrespondenten wie Christian Wehrschütz, Raimund Löw oder Friedrich Orter fassen regelmäßig ihre Erlebnisse schriftlich zusammen und gehen dann als Vortragende auf Tour. Eine besondere Zweitkarriere führt etwa Innenpolitikredakteur Ernst Sittinger (Kleine Zeitung), dieser steht gemeinsam mit dem deutschen Kabarettisten Jörg-Martin Willnauer auf der Bühne und verarbeitet seine Eindrücke über die heimische Politik in Sketchen und humoristischen Pointen.
In diesen Tätigkeitsfeldern kommt es kaum zu Interessenskonflikten, dies trifft auch bei Lehraufträgen auf Universitäten, Fachhochschulen oder dem APA-Campus zu. Ausnahmen würden hier vielleicht bestimmte Interview- oder Recherchemethoden darstellen die Lehrende aufgrund des Redaktions-/Unternehmensgeheimnisses nicht offen legen dürfen.
Anders sieht es bei Moderationen und Medientrainings aus. Hierbei könnten Probleme mit dem Hauptdienstgeber entstehen, denn manche Redakteure üben diese als Selbstständige und wieder andere als Angestellte für entsprechende Agenturen (z.B. Into Media) aus und sind dann mit Werbekunden bzw. mit potentiellen Gesprächspartnern in Kontakt über die sie eigentlich kritisch berichten müssten.
Zwar gibt es im Artikel 11 des Ehrenkodex des Österreichischen Presserates (Organ zur Selbstkontrolle) eine Passage die entsprechend darauf hinweist, dass private und geschäftliche Interessen von Medienmitarbeitern keinen Einfluss auf redaktionelle Inhalte haben dürfen.
Der Satz bezieht sich jedoch in erster Linie auf das Erlangen von Hintergrundinformationen, die etwa bei Börsenspekulationen oder Insider-Geschäften für den eigenen „persönlichen“ Vorteil dienen könnten. Andere Interessenskonflikte sind von dieser Regelung weniger erfasst. Auch sind längst nicht alle Zeitungen (Kronen Zeitung) dem Presserat beigetreten oder erkennen diesen als Schiedsinstanz nicht an.
Unabhängig davon müssen aber Dienstnehmer dem Arbeitgeber grundsätzlich immer um Erlaubnis fragen wenn sie neben ihrem Hauptberuf noch für andere Unternehmen oder als Selbstständige tätig sein wollen. Wie detailliert diese Angaben sein müssen, ist abhängig vom Dienstvertrag, der Betriebsvereinbarung und des jeweiligen Redaktionsstatut.
DISKRETION IST BEI MEDIENTRAINERN OBERSTES GEBOT
Im Gegensatz zu Werbeagenturen (siehe etwa Pantarhei) die offen ihre Klienten nach Außen hin präsentieren, schweigen Medienberater über ihren Kundenstock. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich bei den Kunden um Vertreter der FPÖ handelt.
Diese Kurse sind heikel, denn es ist durchaus möglich, dass der ein oder andere Auftraggeber von Redakteuren geschult wird, die ihm kurze Zeit später selber interviewen oder auf die Interviewtaktiken ihrer hauseigenen Kollegen vorbereiten. Hier profitiert der Trainer von seiner Berufserfahrung und kann sein Wissen auch entsprechend dem gelehrigen Schüler weitervermitteln.
Firmen die Medientrainings anbieten sind nicht selten auch als PR-Berater/Ausbilder für unterschiedliche Parteien, Ministerien, Medienunternehmen oder Firmen tätig, die sich konkurrierend gegenüberstehen. Dabei wird auch penibelst bei der Terminvergabe darauf geachtet, dass sich diese nicht am Flur begegnen. Die Mitarbeiter sind ebenfalls zur Geheimhaltung untereinander verpflichtet und sollen so wenig wie möglich von ihren Kursen intern besprechen. Auch deswegen wird immer wieder auf „externe“ Trainer zurückgegriffen.
TRANSPARENZDATENBANK KÖNNTE ÜBERWACHUNGSSTAAT FÖRDERN
Durch eine Datenbank die offenlegt wer mit wem Geschäfte macht, würden diese Geschäftsmodelle konterkariert werden. So könnte man mögliche Einflussfaktoren auf die Berichterstattung früher identifizieren und Journalisten, wie auch Politiker entsprechend diskreditieren können. Die schreibende Zunft würde aber unter den Generalverdacht der systematischen „Medienmanipulation“ und „journalistischen Korruption“ geraten. Politiker wären damit auch in der Lage Redaktionen unter Druck zu setzen und könnten es ablehnen sich von bestimmten Moderatoren interviewen zu lassen. Fakenews und gegenseitige Misstrauensvorwürfe würden dann auch in aller Öffentlichkeit debattiert werden.
Gleichzeitig würde dies einen Reinigungsprozess initiieren. Journalisten die etwa als Veranstaltungsmoderatoren oder Medientrainer arbeiten, könnten jedoch ihre Glaubwürdigkeit verlieren und somit auch der gesamten Branche Schaden zufügen.
Würden diese Geschäftsverbindungen öffentlich bekannt werden, könnte sich dies für einzelne Personen – bei entsprechender Berichterstattung – wie ein Berufsverbot auswirken.
Somit wäre eine solche Transparenzliste weder im finanziellen, noch im persönlichen Interesse von Pressemitarbeitern, Agenturen und deren Kunden.
Daher bleibt am Ende die Politik am Zug, denn eine solche Transparenzliste würde auch die Grenze zwischen notwendiger Offenlegung, Kontrolle und Überwachung verschwimmen lassen. Ob der „gläserne“ Journalist oder PR-Berater wirklich ein wünschenswertes Ziel ist, bleibt wohl abhängig davon welche Partei gerade die entsprechenden politischen Entscheidungen trifft.
Näheres zum Thema finden Sie auch in den folgenden Beiträgen:
INSERATE, PRESSEFÖRDERUNG UND CO. (329)
DER JOURNALIST DEIN GESCHÄFTSPARTNER (330)
PARTEIPROGANDA IM NETZ (348)
BRAUCHT ES EINE TRANSPARENZDATENBANK FÜR JOURNALISTEN (392)
BIS BALD,
EUER SIVIC
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