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Der Gesetzesentwurf zur umstrittenen Messenger-Überwachung wurde von der Bundesregierung am 8. April der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Begutachtungsverfahren wird acht Wochen dauern. Das Vorhaben ist umstritten und wirft viele Fragen auf.

MESSENGER-ÜBERWACHUNG: WARUM DER STAAT MITLESEN WILL?

Die Bundesregierung (ÖVP, SPÖ und NEOS) plant künftig, sogenannte „Gefährder“ mittels eines Programms (Software) zu überwachen, das auf einem Smartphone, Tablet, Laptop, Computer (PC) oder anderen Geräten installiert werden kann. Ziel ist es insbesondere, verschlüsselte Kommunikation, die über Dienste wie WhatsApp, Telegram, Signal oder Threema abgewickelt wird, auszukundschaften. Kritiker warnen vor einem massiven Grundrechtseingriff und der Gefahr, dass diese Maßnahme gegen Oppositionsparteien, Journalisten, Whistleblower sowie kritische Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden könnte.

Von Behörden und bestimmten Parteien (insbesondere der ÖVP) wird die Messenger-Überwachung schon länger gefordert. Skandale wie die Ibiza- und die Beinschab-Affäre haben dazu geführt, dass Ermittler und Staatsanwälte zunehmend das Smartphone als „Tatort“ bewerten. Auch der Terrorprozess gegen eine 14-jährige Bosnierin, die im November 2024 vom Straflandesgericht Graz wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung zu zwei Jahren bedingter Haft verurteilt wurde, zeigte auf, dass die Auswertung von Computern und Smartphones für die Behörden von hoher Bedeutung ist.

NUR POTENTIELLE TERRORISTEN UND SPIONE SOLLEN ÜBERWACHT WERDEN

Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst soll laut vorliegendem Gesetzesentwurf durch § 11 Abs. 1 Z 9 SNG dazu befugt werden, ein Programm in ein Computersystem einer verdächtigen Person einzubringen, um verschlüsselte Nachrichten zu überwachen – vorausgesetzt, andere Maßnahmen bringen voraussichtlich keinen Erfolg und wären somit aussichtslos. Diese Software wird im Sprachgebrauch auch als „Staatstrojaner“ oder „Bundestrojaner“ bezeichnet, da hierbei ein „Virus“ durch den Staat auf die Endgeräte von Verdächtigen gespielt werden soll. Datenschützer und Softwareingenieure warnen davor, da durch solche Maßnahmen Sicherheitslücken geschaffen würden, die von Kriminellen sowie ausländischen Geheim- und Nachrichtendiensten ausgenutzt werden könnten – womit die IT-Sicherheit in Österreich insgesamt gefährdet wäre.

Der vorgestellte Gesetzesentwurf (weitere Informationen finden Sie im Link) sieht vor, dass nur Personen überwacht werden dürfen, die im Verdacht stehen, terroristische Straftaten zu planen oder zu begehen, welche mit einer Obergrenze von zehn Jahren Haft bedroht sind. Zudem richtet sich das Gesetz gegen Personen, die nach § 256 StGB (Strafgesetzbuch) verdächtigt werden, Spionage zum Nachteil Österreichs zu betreiben. Spionagetätigkeiten gegenüber anderen Staaten sind in Österreich nach wie vor nicht strafbar. Trotzdem warnen Datenschützer und Juristen vor möglichem Missbrauch.

VERFASSUNGSCHÜTZER SOLLEN VERTRAUENSWÜRDIGKEIT VON RICHTERN PRÜFEN

Die von der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst durchgeführte Nachrichtenüberwachung soll jeweils von einem Rechtsschutzbeauftragten begleitet und vom Bundesverwaltungsgericht bewilligt werden. Gleichzeitig müssen der mit solchen Fällen befasste Rechtsschutzbeauftragte (Änderung des § 91b Sicherheitspolizeigesetz), dessen Stellvertretung, das Gerichtspersonal sowie die Richterinnen und Richter eine Vertrauenswürdigkeitsprüfung (§ 15c des Gesetzesvorschlags zur Änderung des Staatsschutz- und Nachrichtendienstegesetzes/SNG) durchlaufen. Diese wird wiederum von der DSN durchgeführt und ist auf drei Jahre befristet. Wie eine solche Vertrauenswürdigkeitsprüfung konkret aussieht, wird vom Innenminister per Verordnung festgelegt. Diese Verordnung muss sich aber am Gesetz orientieren und darf keine abstrakten Kriterien enthalten.

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Bild: Die DSN soll Richterinnen und Richter auf ihre Vertrauenswürdigkeit prüfen dürfen. Nur dann dürfen diese auch die Überwachungsmaßnahmen der DSN bewilligen oder ablehnen.

Was für den Laien im ersten Moment problematisch wirkt, könnte rechtlich in Ordnung sein. Zum Vergleich: Damit Richterinnen und Richter Verfahren zu Sexualdelikten behandeln können, brauchen diese eine spezielle Zusatzausbildung. Diese Vertrauenswürdigkeitsprüfung könnte mit einer solchen Ausbildung gleichgesetzt werden – auch im Hinblick auf Fortbildung –, da sich womöglich nicht alle Richterinnen und Richter für diese Art von Verfahren qualifizieren möchten.

Trotzdem bleibt die Frage offen, ob im Gesetzwerdungsprozess nicht doch noch nachverhandelt wird. Zumindest müsste der theoretisch denkbare Versuch ausgeschlossen werden, dass nach Ablauf der drei Jahre im Rahmen einer neuerlichen Vertrauenswürdigkeitsprüfung einem Rechtsschutzbeauftragten, der Überwachungsmaßnahmen häufiger beeinsprucht, oder Richterinnen und Richtern, die entsprechende Ansuchen öfter ablehnen als andere, das Vertrauen entzogen wird – wodurch die Vertrauenswürdigkeitsprüfung als Druckmittel von Politik und Exekutive missbraucht werden könnte.

NACHRICHTENÜBERWACHUNG WIRD VERWALTUNGSAKT

Weiters fällt bei diesem Entwurf auf, dass die Nachrichtenüberwachung als verwaltungsrechtlicher Akt deklariert wird und die rechtliche Bewilligung über das Bundesverwaltungsgericht erfolgen soll. Dies liegt wiederum daran, dass ein Hinweis – etwa durch einen ausländischen Dienst – an die DSN herangetragen wird und dann zur Überwachung einer oder mehrerer Personen führen kann. Eine solche Maßnahme würde vor der tatsächlichen Durchführung einer Straftat ansetzen – daher greift hier das Verwaltungsrecht und nicht die Strafprozessordnung. Bei der Telefonüberwachung (§§136 bis 140 STGB) gilt hingegen die Strafprozessordnung, was bedeutet, dass in diesen Fällen jeweils die Staatsanwaltschaft sowie Strafrichterinnen und Strafrichter für die Bewilligung zuständig sind. Nur bei Entführungen darf die Kriminalpolizei von sich aus eine solche durchführen.

Von den technischen Unterschieden zwischen einer Telefonüberwachung und der Überwachung von Messengerdiensten abgesehen, erscheint es doch interessant, dass man in diesem Gesetzesentwurf einen anderen Weg gehen will als bisher. Wie der Gesetzesvorschlag daher rechtlich zu bewerten ist, wird Inside Politics in einer der nächsten Ausgaben mit fachkundigen Juristen erörtern.

BIS BALD,
EUER SIVIC

INSIDE POLITICS – MEHR ALS TAGESPOLITIK…

VonSivic

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