BORIS JOHNSON GEWINNT UNTERHAUS-WAHLEN
In den ersten Dezember-Wahlen seit 1923 kam es zum Weihnachtswunder für die Konservativen. Spitzenkandidat Boris Johnson erreichte mit 365 Mandaten die notwendige Mehrheit (ab 326 Abgeordneten) um absolut und ohne Koalitionspartner regieren zu können.
Damit verfügt Johnson ein starkes Votum um den von ihm gewünschten Brexit durchzuziehen. Im Zweifel könnte somit auch der „No-Deal“-Ausstieg des Vereinigten Königreichs am 31. Jänner 2020 möglich werden.
Der Premier wird damit auch in der Lage sein andere Projekte, anzugehen und nach dem Motto „Great-Britain First“ den Ton bei wichtigen Unternehmungen im Gesundheits- und Infrastrukturbereich angeben.
Video: „Let get Breakfast done“; Boris Johnson scherzte in seiner Siegesrede dass zuerst das Frühstück und dann der Brexit kommt. (Quelle: THE GUARDIAN)
Einen ähnlichen Schlag mussten die Liberalen hinnehmen, diese konnte zwar die eine Million-Wähler-Grenze überschreiten und insgesamt um 0.9% zulegen, verloren aber ausgerechnet in Schottland den Sitz der Spitzenkandidatin Jo Swinson. Diese trat in weiterer Folge zurück. Die Liberal Democrats halten damit bei 10 Mandaten im Parlament.
Die Grünen hielten ihren einzigen Sitz in Westminster. Die Brexit-Party von Nigel Farage konnte hingegen kein einziges Mandat erringen. Die walisische Plaid Cymru (4 Mandate) konnte ihre Stellung wiederum halten.
MEHRHEITSWAHLRECHT SORGT FÜR MASSIVE VERSCHIEBUNGEN
Insbesondere bei den Kleinparteien zeigt sich das Problem mit dem britischen Proportionalwahlsystem (relative Mehrheitswahl), denn hier müssen die Kandidaten in ihren Bezirken einzeln um das Mandat kämpfen.
Derjenige der am meisten Direktstimmen bekommt, erhält am Schluss das Mandat. Das führt zu einem entsprechenden Missverhältnis zwischen den tatsächlich für eine Partei abgegebenen Stimmen und den errungenen Mandaten. Führt aber auch gleichzeitig zu einer starken Bindung zwischen den Abgeordneten und den Bürgern in ihren Wahlbezirken.
Im direkten Vergleich der abgegebenen Wählerstimmen zeigt sich, dass der Abstand zwischen den Tories (45%) und der Labour-Party (33%) viel geringer ist als wenn man die Mandate einander gegenüberstellt. Denn mit 365 Mandaten für die Konservativen und 203 für die Arbeiter-Partei zeigt sich aufgrund des Wahlsystems ein völlig anderes Bild als dies etwa bei einem Verhältniswahlrecht der Fall wäre.
SCHOTTLAND UND NORD-IRLAND
Außerhalb Englands und Wales, zeigt sich jedoch eine andere Situation. Sowohl in Schottland, als auch in Irland haben sich starke Absetzbewegungen durchgesetzt. Die Scottish National Party (SNP) konnte die meisten Bezirke zurückgewinnen, die sie bei der letzten Wahl verloren hatte und kehrt nun mit 48 Sitzen nach Westminster zurück. Damit hat stehen der SNP fast so viele Abgeordnete in London wie 2015 (56 Sitze) zur Verfügung. Damals vaporisierten die schottischen Nationalisten die Labour-Party und profitierten von der Leave-Great Britain-Bewegung, die auch jetzt wieder an Stärke gewinnt. Da die Schotten mehrheitlich für den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union sind, ist dieses Votum auch als Stimmungsbarometer für deren Unabhängigkeitsbestrebungen zu sehen.
Ähnlich verhält es sich auch in Nord-Irland. Die SDLP (irische Sozialdemokraten) konnte hier zwei Sitze für sich gewinnen, die DUP (Unionisten-Partei) verlor zudem ihre Majorität gegenüber den irischen Repulikanern.
Sinn Féin hielt bei sieben Mandaten, wie üblich werden die gewählten Kandidaten des politischen Arms der IRA (Irisch-Republikanische Armee) ihre Abgeordnetensitze in Westminster nicht einnehmen.
Pikanterweise fiel aber ausgerechnet der Wahlkreis Belfast (Hauptstadt Nordirlands) an die Sinn Féin. Somit stehen nicht nur ein zweites Schottland-Referendum im Raum, sondern auch eines über die strittige Nord-Irland-Frage. Ein Thema dass insbesondere in der Brexit-Debatte eine besondere Rolle spielt.
FAZIT:
Damit scheinen auf Boris Johnson neben einem großangelegten Infrastrukturbauprogramm, der Reform des nationalen Gesundheitssystems (NHS) und der Klärung der außenpolitisch heiklen Brexit, nun auch zwei große innenpolitische Herausforderungen zu zukommen.
Wie wohl der britische Premier nun mit einer Alleinregierung offensiv vorgehen kann, muss er nun einen Weg finden der es ihm ermöglicht mögliche Unabhängigkeitsbestrebungen beider Regionen zu verhindern. Dies könnte er etwa mit eigenen Autonomiestatuten für die Regionalparlamente, Steuererleichterungen oder eben entsprechenden Referenden tun.
Nur letztere würden das Risiko eines tatsächlichen Gebietsverlust mit sich bringen und eine solche Entwicklung liegt derzeit nicht im britischen Interesse.
Es liegt also alles in der Hand von Boris Johnson, der bereits mit dem Handkuss (Kissing Hands) von Königin Elizabeth II. den Auftrag zur Regierungsbildung bekommen hat.
BIS BALD,
EUER SIVIC
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