Heute am 4. Juli dem amerikanischen Unabhängigkeitstag starb der älteste Sohn Kaiser Karls aus dem Hause Habsburgs-Lothringen. Es ist der Humor der Geschichte, welcher dieses Datum als seinen Todestag gewählt hat, denn Otto von Habsburg ist einer der Menschen gewesen, die sich am meisten für Österreichs Unabhängigkeit und Freiheit eingesetzt haben. Zu einem Zeitpunkt als diese Begriffe nicht mehr existierten, als Österreich als eigenes und unabhängiges Land von der Erdkarte verschwand.
Ich bin Otto leider nur bei „offiziellen“ – und nicht privaten – Treffen begegnet, so wie es einigen meiner Kollegen und Mitstreitern vergönnt war.
Und ich möchte jetzt auch hier keine Heldenverehrung machen, denn Otto von Habsburg war ein bescheidener und zum Teil auch sehr formloser Mensch, er war kein eitler Zeitgenosse, sondern ein Querdenker der sich dem Pomp großer Zeremonien deswegen unterwarf, weil es sein Amt verlangte, nicht weil er es wollte.
Vielmehr genoss er es Teil des europäischen Gedankens zu sein und im europäischen Parlament und der Paneuropa Union mitzuarbeiten und an etwas weniger offiziellen Veranstaltungen (Stichwort Paneuropa Picknick an der österreichisch ungarischen Grenze) führend tätig zu sein und teilnehmen zu können.
Er musste manchmal handeln, weil man von ihm ein bestimmtes Handeln erwartete, aber er hat auch gehandelt weil es auch seine Haltung und seine patriotische Erziehung von ihm selbst verlangte (Stichwort: Widerstand gegen Deutschland, Brief an Schuschnigg).
Was vielleicht heute skurril erschien, war damals notwendig gewesen und man weiß auch dass er innerhalb der konservativen Szene in der er politisch tätig war ein Quergeist gewesen ist.
Otto von Habsburg war Fallschirmspringer inmitten einer Gesellschaft von Polospielern.
Und mit diesem Satz möchte ich auch zu einer persönlichen Geschichte überleiten, welche ich hier erzählen möchte.
An was ich mich besonders gut erinnere, ist die Begegnung mit Otto von Habsburg im Frühjahr 2006, ich war damals mit einer Abordnung der Schwarz Gelben Allianz in Brandeis an der Elbe (heutiges Tschechien), die monarchistische Idee und das politische Programm der Organisation weiterentwickeln und vertreten.
Wir waren anlässlich des Kaiser Karl Festes welches im Schloss von Brandeis alljährlich stattfindet, an diesen historischen Ort gekommen, wo Otto die frühen Jahre seiner Kindheit lebte.
Im Hof des Schlosses nahmen damals Traditionsregimenter fast aller Waffengattungen des historischen Österreich Paradestellung ein und Otto von Habsburg war als „Ehrengast“ eingeladen.
Links standen ca. 30 Dragoner und rechts Einheiten der Infanterie, Landwehr, Artillerie und der Marine und in all dem Mitten drinnen stand ein Otto von Habsburg der von Regenschirm eingedeckt war.
In seiner Rede nahm er nochmals zu der EU-Osterweiterung Stellung und erinnerte sich an seine Kindeszeit, danach nahm er die Kaiserhymne ab und wurde durch das neu eröffnete Museum und eine Dauerausstellung die sich um Kaiser Karl drehte geführt.
Nach diesem Festakt gab er eine Pressestunde und begrüßte geladene Gäste unter denen auch ich und mein langjähriger politischer Weggefährte Mag. Michael Vereno waren.
Mit seinem Erscheinen im Salon wurde es still, es war unglaublich welche Ausstrahlung und welche Präsenz er versprühte, Otto v. Habsburg war einfach Geschichte zum Anfassen geworden – eine lebende Legende – und dabei sehr war er trotz seines hohen Alters noch immer ein sehr agiler Mensch. Nach einem Unfall, bei dem er von der Treppe fiel, sagte er danach scherzhaft: „Alte Menschen sind wie Fahrräder, wenn man nicht tritt fällt man um!“
Nach dem Wechsel aus dem Salon in den größeren Festsaal gab es die erste Begegnung der SGA-Obleute mit Otto und danach gab Otto von Habsburg eine Autogrammstunde in der er das anlässlich für dieses Ereignis erschienene Buch „Unser Erzhorzog Kaiser und König Karl I. von Österreich“ signierte, welches über die Zeit seines Vaters Kaiser Karls in Brandeis Auskunft gibt.
Und ich kann mich noch gut daran erinnern, als Otto zu mir sagte:
„Danke das Sie gekommen sind!“
Die Zeit verging und wir waren alle zum Essen gegangen, als wir alle in gemütlicher Feierlaune im Restaurant saßen, kam plötzlich einer der Dragoner in den Speisesaal und rief dass der Erzherzog das Schloss verlassen werde.
Für uns alle war dies mehr als nur ein Hinweis. Es war ein Befehl!
Wie von einem Bienenschwarm gestochen liefen gut 20 Dragoner und wir in den Vorraum und warteten an der Treppe auf das Erscheinen des Erzherzogs.
Man sah einen Stock der nach der nächsten Stufe bergab suchte und gleich einen Moment danach stand Otto auf der Treppe und musterte uns mit seinen Blicken.
Es war wieder mucksmäuschen still geworden, man hätte wieder eine Stecknadel fallen hören können.
Auf meinen Lippen und auf vielen anderen Lippen formte sich das „Gott erhalte“, aber wir alle konnten nicht zum singen anfangen, zu groß war der Respekt, doch glaubte ich das Otto genau auf so etwas gewartet hatte.
Michael Islinger der den Dragoner vorstand, ging zu Otto reichte ihm die Hand und und brach das Schweigen mit den Worten „Gott erhalte, kaiserliche Hoheit!“.
Otto lachte und erwiderte den Gruß, er sah uns noch einmal alle an und verschwand in dem schwarzen Mercedes Kombi der ihn zurück nach Pöcking brachte.
Ich sagte danach zu Michael Vereno salopp: „Wenn wir jetzt gsungen hätten, hätt der Alte grerrt!“
Michael war von der Aussage schockiert, doch heute weinen wir!