(Reedit, mit Updates und Videomaterial.)
Aufgrund der aktuellen Ereignisse in Italien unterbreche ich die geplante Berichterstattung über die steirischen Landtagswahlen und begrüße euch zu einem aktuellen Beitrag mit bitteren Beigeschmack.
Süd-Tirol, das Trentino, Friaul und die Region von Muggia über Triest bis Grado haben eines gemeinsam, sie sind 1918 an Italien gefallen und wurden danach entsprechend italianisiert.
So, wer meinen Fokus kennt, weiß dass es in diesen Regionen bis Heute Gruppen auf unterschiedlichen politischen Ebenen gibt, die gegen Italien in Opposition stehen und der Fall des unter italienischer Verwaltung stehenden Gebiets von Duino über Triest bis Muggia, welche die ZONE A des Freien Territoriums Triests bilden, ist etwas ganz eigenes.
Am kommenden Wochenende jährt sich zum 100. Male die Kriegserklärung des Königreichs Italiens an Österreich-Ungarn (nicht an das Deutsche Reich), dessen Generäle glaubten ja dass Sie nur die Tür eintreten müssen und binnen kürzester Zeit bei Lemberg in Galizien (heute Ukraine) raus kommen würden.
Ziel war es die Monarchie mit einem gezielten Vorstoß in eine Nord und Südhälfte zu teilen und bei Gelegenheit in Wien einzumarschieren, 12 Isonzo und 3 Piave-Schlachten und einen unglücklichen Waffenstillstandsbefehl (24 Stunden zu Früh an die öst. Truppen ausgeschickt) mit chaotischen Folgen später, hatte man es trotzdem nur bis Innsbruck und Triest geschafft.
Soviel zur Geschichte. Heute wird auf ORF III ein Themenabend mit dem Film “Der stille Berg” eröffnet, der den Kriegseintritt Italiens in einer vierteiligen mit der italienischen RAI produzierten Dokureihe näher betrachtet.
Gleichzeitig, zum 100. Jahrestag der Kriegserklärung findet in Wien ja bekanntlich der Eurovision Songcontest unter dem Motto “Building Bridges” statt, ein Fest des Friedens, der Freude und Verständigung dass wie kein zweites für das friedliche Zusammenleben in Europa steht. Wenn man sich aber an die Buhschreie bei der Punktevergabe an die russischen Teilnehmerinnen im letzten Jahr erinnert, weiß man dass auch nationalistische Gefühle mitspielen.
In Innsbruck nimmt eine Gedenkveranstaltung das Leitprinzip des diesjährigen ESC’s auf und nennt sich Brücken für den Frieden, an der Veranstaltung nehmen die Tiroler und Süd-Tiroler Landesregierung teil und gedenken gemeinsam mit Schützen, Vereinen und der Bevölkerung den Geschehnissen vor 100 Jahren.
Wenn man nun aber von Wien ca. 5 Autofahrtstunden gegen Süden fährt, ist man in Triest und dort wird am 23. und 24. Mai die Kriegserklärung Italiens pompös gefeiert.
Das italienische Verteidigungsministerium hat als “Hauptveranstalter” in Triest die Regie übernommen und lässt gewissermaßen als Parallelveranstaltung die Kriegserklärung feiern.
In Friaul fahren Sonderzüge an die Front, Aufmärsche von CasaPound (Faschisten und Mussolini Versteher), Paraden von Traditionsverbänden, Feierlichkeiten zum Krieg, mit vollen Programm wird eine Kriegserklärung gefeiert, also muss ich dazu irgendetwas sagen?
In Triest gehen die Wogen indes hoch, wenn es so ähnlich wie bei der 60 jährigen “Wiedervereinigungsfeier” (350 Zuschauer mit Touristen) im letzten November wird, schauen sich das Spektakel wohl nicht mehr als 1.000 Leute an. Die Politik scheint in einer anderen Welt zu Leben in der man auf die Gemüts- und Gefühlslage der Menschen keine Rücksicht nimmt.
Wie wohl die österreichischen Touristen am Wochenende reagieren werden, wenn Sie in einem Land die Pfingsten verbringen, in dem man die Kriegserklärung gegen ihre Heimat feierlich begeht?
Wahrscheinlich wird es nur wenigen auffallen, weil in Italien hängen ja fast immer Fahnen, auf den Gebäuden.
Gelebter Masochismus, denn einerseits kriegt man es brühwarm auf den Kopf, andererseits soll man die Pizza und den Wein genießen und konsumieren, also ich glaube nicht dass die Touristiker mit dem “Regierungserlass” ihre Freude haben.
Womit wir schon beim nächsten Fall sind:
In Süd-Tirol schäumt die Süd-Tiroler-Freiheit über den Erlass des Ministerratspräsidiums dass man zur Feier des Tages die italienischen Flaggen auf allen öffentlichen Gebäuden (gilt für ganz Italien) aufhängen muss. Pius Leitner von den Freiheitlichen fragt berechtigt “Gedenken in Innsbruck, Feiern in Bozen?”.
Die Südtiroler Volkspartei ist zu mindestens soweit dass Sie das Thema als unangemessen und unpassend kommentiert und Landeshauptmann Kompatscher die Landesgebäude nicht oder nur auf Halbmast beflaggen lässt, sorgt die Sache innerhalb der Bevölkerung doch für negative Emotionen. gegenüber dem Gastland Italien. Die offiziellen Behörden reden sich übrigens darauf aus, dass die Flaggenverordnung nunmal so ist und dass man bei Gedenktagen genauso die Fahnen hoch und nicht auf halbmast hängen muss, die Bürgermeister sind dazu aufgerufen die Anordnung zu missachten.
Die Vertreter der Selbstbestimmungsbewegungen können sich auf jeden Fall bedanken, diese Provokation wird wohl noch mehr Wasser auf deren Mühlen schütten.
Einer der Gründe, außer dem italienischen Nationalismus für dieses Verhalten ist wohl die gute alte Feind nach Außen Mentalität um kurzfristig von der Wirtschaftskrise abzulenken um somit Größe zu zeigen.
Meine Oma sagt immer “Ihr wisst ja alle net was Krieg ist”, sie muss es wissen, sie war 16 als der letzte Krieg in Österreich zu Ende ging.
Respekt gegenüber Kriegsleid und Opfern, sieht in meinen Augen anders aus, den zuständigen Beamten und Politikern fehlt anscheinend ein entsprechendes Maß der Zurückhaltung.
Mich würde es nicht wundern, wenn es Proteste gibt, kleine Auseinandersetzungen, Prügeleien, dass Potential besteht jetzt, der Tabubruch wird in Österreich bislang offiziell ignoriert.
In Triest wurde am 23. Mai die Redaktion der bis zum heutigen Tag irrendentistischen (pro italienischen) Zeitung Il Piccolo von der Bevölkerung in aus Zorn in Brand gesteckt, nachdem diese die Kriegserklärung Italiens für gut befunden hatte, dies steht übrigens “nur” im italienischsprachigen Wikipediaartikel über diese Zeitung.
Wer weiß vielleicht taucht ja “zufällig” ein moderner Flashmob mit Fackeln vor dem Redaktionsgebäude auf um an das Ereignis vor 100 Jahren zu erinnern. Wundern würde es mich nicht, denn die sogenannten “Unbefreiten”, also die italienischsprachigen Österreicher wurden, nach ihrer Befreiung durch Italien erst richtig unterdrückt, Namensänderungen inklusive.
Die Wunden die damals geschlagen und heute noch immer zum Wohle der “politischen” Volksseele gerührt werden, sorgen nur für noch mehr Unmut in den besetzten Gebieten und helfen den italienischen Politikern auch nicht populärer zu werden, dass dürfte aber auch nie wirklich der Plan gewesen sein.
Wie riefen die italienischen Soldaten Gott 1917 zu:
“Befreie uns von den Unbefreiten”
Glaubt mir, die Sache hat so schnell kein Ende, die nächste Runde wurde gerade erst angeläutet.
Live long and peacefull Austria, Italy and Europe,
Sivic