Hallo zur 235. Ausgabe.
Ich ging in den letzten Wochen unter anderem der Frage nach, warum die NEOS derzeit so schlecht dastehen. Heute schaue ich mir die Lage in der Steiermark an und gebe eine Ausblick auf die Zeit nach dem guten Ergebnis in Wien.
„Problemkinder“ Bundesländer, Beispiel Steiermark
Die NEOS scheiterten vor allem an der bisherigen Personalpolitik, manche Medien sprachen nach der Steiermarkwahl von unattraktiven Kandidaten und gaben der Partei Ratschläge für die nächsten Urnengänge.
Fakt ist, nicht die Basisdemokratie hat bislang bei den NEOS versagt, sondern die Art und Weise wie Personalentscheidungen auf allen Ebenen getroffen wurden.
Der von Kritikern oft genutzte Terminus eines „Wanderzirkus von Mitarbeitern“ der von Wahl zu Wahl durchs Land zieht, scheint berechtigt.
An sogenannten „Home-Growing-Terrorists“ fehlt es in nicht wenigen Fällen, die Partei nutzt oft einmal Personen die andernorts bei Wahlkämpfen gescheitert sind und nur des Jobs wegen sich engagieren.
(NEOS-Steiermark Mitgliederversammlung, April 2015).
Schon im April war Matthias Strolz vor den Wahlen in der Steiermark, nur eine begrenzte Begeisterung bezüglich der inneren Stimmung der steirischen Landesgruppe abzulesen, der von ihm protegierte Landessprecher Uwe Trummer wurde zwar zum Spitzenkandidaten gewählt, die Unterstützung innerhalb der Landesgruppe war aber freundlich ausgedrückt „verhalten„.
Die sehr unterschiedlichen Ergebnisse während der einzelnen Vorwahlen (Bürger-, Vorstands- und Mitglieder-Voting) zeichneten ein entsprechendes Stimmungsbild ab. Hätte Trummer nicht die Unterstützung Seitens des Vorstandes bekommen, wäre er wohl auch nicht Spitzenkandidat geworden.
Der bei der Internetabstimmung durch die Bürger auf Platz 1 gewählte Wolfgang Hofmann konnte sich bei den darauf folgenden Urnengängen des Vorstands und auf der Mitgliederversammlung nicht durchsetzen.
Wer bei der abschließenden Nominierung der Landtagswahlkandidaten in Graz dabei war, wusste dass die Parteimitglieder weder mit der Wahl noch mit den Wahlmöglichkeiten zufrieden waren und sah in den Gesichtern der Mitglieder schon am Tag der Kandidatenkür im Grazer Burggarten, eine entsprechende Stimmung für den Wahlkampf voraus.
den steirischen NEOS Mitgliedern regelrecht ins Gesicht geschrieben.
Nachdem Wahldebakel am 31. Mai hat sich in der Steiermark aber auch noch nicht viel konsolidiert, die NEOSphäre war ursprünglich auf ein Jahr finanziert, Strolz kündigte noch am Wahltag den Ausbau der Strukturen an, dieser blieb aber wohl auch nicht zuletzt auch wegen der Wahlen in Wien und Oberösterreich, aus.
Ob die Zentrale in der Annenstrasse weiterhin genutzt, oder bis Ende 2015 aufgegeben wird, wird sich jedoch erst zeigen.
Die Situation in der Steiermark ist aber nach dem Feuerwerk im Mai an sich weniger rosa, sondern trist.
Ob der ebenfalls von Matthias Strolz in Ausgabe 233 angesprochene „Markenstärkungsprozess“ dem Polit-Start-Up mehr Profil geben wird, wird sich zeigen.
Kleine Anmerkung, die steirischen NEOS hatten heute eine Mitgliederbesprechung, wenn das kein gutes Zeichen ist ;)!
Wien 6,2% im Windschatten der FPÖ
Mit 6,2% im Windschatten des FPÖ – SPÖ Duells legten die NEOS einen Wahlerfolg hin, der noch vor einem Jahr betrauert worden wäre.
So schnell kann es eben gehen, in einem Jahr hast Du den Hype und bist mit einem Ergebnis unter Zehn Prozentpunkten unzufrieden und im darauffolgenden Jahr bist Du froh in die Landtäge einzuziehen.
Ob die Themen auf die man im Wahlkampf in Wien setzte auch anderswo erfolgreich sein könnten, wird sich zeigen.
Beispielsweise behandelte man teils die Asyl-, Flüchtlings- und Migrationsfrage, teils umschifften die Pinken diesen Themenblock sehr elegant, nur dummerweise haben viele Wähler fragend zu Meinl-Reisinger geschaut und keine Antwort auf ihre Fragen bekommen.
Sich dann ausgerechent H.C. Strache als Gegner auszusuchen und dann selbst „wie a bleiche Leich daherzugrallen“, wie man auf Wienerisch sagt, hat für einiges an Kritik, auch aus eigenen Wählerschichten gesorgt.
Die Optik einer bleichen Frau mit Seitenscheitel und blauen Sakko, habe etliche Leute mit einem „Wer ist die?“ quittiert.
Freunde aus meinem Umfeld waren angesichts dieses Spots und ihres Auftrettens so schockiert, dass sie dann doch „lieber“ ÖVP gewählt haben. Hätten dass die Massen getan, wäre Pink heute wohl nicht im Rathaus und die Zukunft von Manfred Jurazka nicht schwarz ausgemalt worden ;)!
Apropos Jurazka, der Mann hat Rückgrad mit seinem „Rücktritt“ bewiesen, so etwas sieht man in Österreich sehr selten.
Aber die NEOS konnten auch anders, sie setzten auf eine unhomogene Kampagne mit viel Aktionismus, scharfen Tönen und trotz allem, einer Brise Optimismus, so wie man es ursprünglich einmal von ihnen kannte.
Am Ende ging die Rechnung doch auf, denn die Leute wählen heute auch schon deswegen, damit es irgendetwas anderes einmal ins Rathaus schafft und 74,5% Wahlbeteiligung ist mehr als nur ein gutes Zeichen.
„Bilanz des Jahres 2015“
Der Untertitel ist übrigens eine Anspielung auf Karl Farkas einen Doyen des heimischen Kabaretts. Farkas sprach schon 1964 im Bezug auf das Wort Koalition von der Interessensgemeinschaft zwecks gerechter Verteilung von Ämtern und so mancher NEOS dürfte wohl auch schon vom ein oder anderen Posten geträumt haben.
Die pinken Hipsters und Senkrechtstarter der Jahre 2013/14, traten heuer mit dem Ziel an in drei Landtägen einzuziehen, die Bilanz besagt aber etwas anderes.
War ursprünglich nur mit einem Scheitern im Burgenland gerechnet worden, ging in der Steiermark im Zuge der vorgezogenen Wahlen die Rechnung auch nicht auf, in Oberösterreich scheiterte man knapp, schaffte es aber in den wichtigsten Städten in die Gemeinderäte zu kommen.
Drei verlorene Landtagswahlen, keine oder nur wenig funktionierende Strukturen auf Landesebene, ein sichtlich ermüdeter Bundessprecher dessen Wortspenden sich laufend wiederholen und eine Kohorte von Spitzenkandidaten und solchen die es werden wollen, mit mangelnder politischer Erfahrung und öffentlich wirksamer Durchsetzungskraft.
Einzige Ausnahme war die Rampensau Beate Meinl-Reisinger die in Wien auf alles setzte.
Die öffentliche wie auch mediale Rezeption war schon einmal besser, die Presse sprach vor den Wien Wahlen nun sogar von einem Existenzkampf.
Ganz so schwarz sah und sehe ich für die Pinken nicht, aber sich mit Sätzen à la „Oberösterreich war eine Wahl im Ausnahmezustand“ aus der Affäre ziehen zu wollen funktioniert einfach nicht.
Wie Strolz seine Partei aus den Schlaglöchern ziehen wird, kann ich nicht sagen. Armin Wolf setzte vor einem Jahr die Spitze, ob Strolz die NEOS als kürzeste Distanz zwischen Zwei Fettnäpfchen etablieren will?
Ab und an glaubt man dies sogar, hip gestylte Opa und Omi Werbespots in Wien, Mauern einschlagende Spitzenkandidatinnen mit Lösungen für „Eh Alles“ und so manche 35.000 Euro Topumfrage, die sich als Geldverbrennungsaktion entpuppt, treffen jedenfalls nicht meinen Geschmack als Wähler und interessanterweise wählten 35% der Jungen in Wien, SPÖ (Propagandameldung ?).
Die Partei mag tatsächlich gekommen sein um zu bleiben, aber der NEWS Artikel verschweigt trotz vieler humoristischer Hiebe, eben die essentiellen Probleme der vergangenen Monate.
Klar wurde einmal mehr, dass die Zeiten vorbei sind in denen man sich keine größeren Sorgen bei der Bestellung der Personalia machen musste um gewählt zu werden, oder nur auf Wahlkampfschmähs und Aktionismus setzen konnte.
Vorarlberg war die letzte Wahl in der der Einzug „gesichert“ war oder besser gesagt, bei der man sich entsprechend viel leisten konnte um trotzdem in den Landtag zu kommen.
Seither ist ein gutes Jahr vergangen und der ebenso alte Blogeintrag von Ruth Eisenreich liest sich trotz großen Optimismus, wie eine Vorahnung zu dem was heuer passiert ist.
Die Partei der Liberalen und der bürgerlichen Mutbürger ist in den Mühen der politischen Ebene angekommen.
Ein Trostpflaster gibt es aber, trotz verlorener Landtagswahlen ist man dutzendfach in den Gemeinden (Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Niederösterreich) angekommen und kann damit „Politik am Bürger“ ausüben und das klappt bislang ganz gut.
Euer Sivic