Klarnamenpflicht-Gesetz-Entwurf

Die Klarnamenpflicht sorgt für Unmut in der Bevölkerung, denn in Zukunft soll laut Wunsch der Regierung auf großen Plattformen jeder Post auf einen echten Nutzer rückverfolgbar sein. Mehr dazu im folgenden Beitrag.

Die österreichische Bundesregierung hat am 10. April den Entwurf zur Klarnamenpflicht für Foren- und Social-Media Nutzer veröffentlicht. Das Gesetz zu mehr Sorgfalt und Verantwortung im Netz (SVNG), wie der Regulierungsvorschlag im Klarnamen heißt, soll ab 1. September 2020 eine Art Vermummungsverbot im Internet bewirken.
Der Gesetzesentwurf befindet sich nun im Begutachtungsverfahren und es zeigen sich jetzt bereits massive bürokratische Hürden auf, die für viele Webseitenbetreiber jedenfalls Konsequenzen haben, der Entwurf sieht nämlich eine alljährliche Meldepflicht bei der Medienbehörde für viele Hoster von Webseiten mit Kommentarfunktionen und Foren vor. Daher verwundert es auch nicht, dass das zivilgesellschaftliche Interesse und die entsprechende Kritik an dem Vorhaben entsprechend groß ist.

KLARNAMENPFLICHT MIT BREITENWIRKUNG

Ziel des Gesetzes ist es, Hass im Netz besser zu unterbinden und Nutzer leichter auszuforschen, sofern sie strafrechtlich relevante Aussagen im Internet verbreiten. Das geht zwar bereits jetzt, doch ist der Entwurf darum bemüht im Bedarfsfall herauszufinden, wer genau hinter einem Profil steckt. Zwar dürfen Nicknames weiterhin erlaubt sein, Foren-Verantwortliche müssen aber wissen wer dahinter steckt.


Video: Claudio Schiesl aka Sivic erklärt wo das neue Gesetz ansetzt und welche Punkte medial bislang kaum behandelt wurden.

Plattformbetreiber die eines der vier Grundkriterien des neuen Bundesgesetzes über Sorgfalt und Verantwortung im Netz (SVNG) erfüllen, müssen jedenfalls die Registrierungspflicht für ihre Nutzer einführen und Telefonnummer, Adresse und den echten Namen abspeichern (vgl. Vorratsdatenspeicherung).

  1. 100.000 im Inland registrierte User

  2. 500.000 Euro Jahresumsatz

  3. 50.000 Euro aus der Presseförderung

  4. für mit einem nach Z 3 erfassten Medieninhaber im Sinne von § 9 Abs. 4 PrR-G, BGBl I Nr. 20/2001 verbundene Diensteanbieter, soweit sie mit ihrem Online-Informationsangebot unter der gleichen oder einer ähnlichen Marke auftreten wie der nach Z 3 erfasste Fördermittelempfänger.

Desweiteren müssen diese nachweisen, dass Sie die Daten verifiziert haben, das soll etwa durch eine von A1-Telekom entwickelte Software „Mobile Connect“ funktionieren. Nutzer dürfen auch ohne durchgeführtes Registrierungsprozedere auf den betroffenen Plattformen posten.
Die Dokumente die für die Authentifizierung genutzt wurden, müssen nach erfolgter Prüfung vom Adminstrator gelöscht werden, dieser muss jedoch gegenüber den Behörden im Einzelfall beweisen dass das Konto des Nutzers kontrolliert wurde. Zudem sind die Registrierungsprofile zu löschen wenn der Benutzer (lt. Gesetz Poster) es verlangt, sich vom Forum abmeldet oder mehr als ein Jahr inaktiv ist.

BEINAHE ALLE FOREN MÜSSEN GEMELDET WERDEN

Doch das ist nicht alles, Bundesminister Mag. Gernot Blümel hat in seinem Interview in der ZIB 2 letzte Woche, einen entscheidenden Punkt unerwähnt lassen. Alle Betreiber von Webseiten die Kommentarfunktionen/Foren unterstützen, sind laut Entwurf verpflichtet einmal jährlich bei der RTR-GmbH/KommAustria (Medienbehörde) eine Meldung einbringen und prüfen zu lassen ob Sie unter das Gesetz fallen.

Klarnamenpflicht-Meldeverpflichtung
BIld: Die generelle Meldepflicht zur Prüfung ob ein Angebot unter das Gesetz fällt oder nicht, muss jeder Forenbetreiber künftig einmal im Jahr einhalten.

Interessant ist dabei, dass die Regierung die RTR-GmbH mit ihren personellen als auch finanziellen Ressourcen nicht aufstocken will, aber dieser wiederum 50% der Einnahmen die durch die Strafen entstehen, zur Finanzierung der „Exekutivtätigkeiten“ und des administrativen Aufwandes in diesem Bereich dem Unternehmen zuspricht. Um diese Aufgabe zu übernehmen, wird auch das KommAustria Gesetz geändert.

Das kann spannend werden, immerhin ist die Medienbehörde (KommAustria und RTR) mit dem Medientransparenzgesetz, der Ausschüttung diverser Medienförderungen, der Werberechtskontrolle für TV, Radio, Videodienste im Netz und der YouTuber-Registrierung nicht gerade unterbeschäftigt.
Denn die RTR beschäftigt ungefähr 37 Mitarbeiter, alleine die von den knapp 6.000 staatlichen Institutionen vierteljährlich eingebrachten Inseratenberichte, welche die werbliche Tätigkeit des Staates am Medienmarkt darstellen sollen, umfassen ca. 24.000 Meldungen im Jahr.

D.h., auch wenn jemand einen kleinen Blog mit Kommentarfunktion betreibt, muss er künftig beweisen, dass dieser nicht unter das Gesetz fällt. Wer wiederum Services wie eine Facebook-Seite, einen Twitter-Account, einen YouTube-Kanal betreibt, fällt nicht darunter. In diesen Fällen sind laut dem Gesetzesvorschlag die Plattformbetreiber für die Registrierung zuständig. Weiters sind Online-Shopping-, Auktions- oder Tauschplattformen wie Amazon, Ebay oder Willhaben nicht erfasst, auch Service-Foren von Unternehmen fallen weg.
Es scheint also möglich dass die die meisten Autoren zukünftig auf den Austausch mit der Community verzichten werden.

Außerdem unterscheidet das SVNG nicht zwischen „Bot“ und „Nutzer“.
Auch hier gilt, wer Kommentare ungeprüft zulässt, ein paar Monate seine Seite nicht pflegt und von Spam-Mitteilungen überrollt wird, kann unter Umständen in den Bereich der 100.000 Nutzer fallen. In wie fern dieses Beispiel rechtlich von Belang ist, bleibt derzeit offen. Eine Konkretisierung der Begriffe „Nutzer/Poster“ wäre aber von Vorteil.

STRAFVERFOLGUNG AUCH FÜR DRITTE MÖGLICH

Auch §3 Abs.4 zeigt weitreichende Konsequenzen, dieser Teil des Gesetzesvorschlages legt nämlich fest, warum die Registrierungsprofile angelegt werden müssen und unter welchen rechtlichen Verdachtsfällen diese Daten durch die Behörden oder auch von Dritten beim Plattformbetreiber abgefragt werden dürfen.

Bild: Die rechtliche Auslegung des Entwurfes scheint weitreichende Folgen im Bereich des Datenschutzes zu haben.

Dabei fällt auf, dass zwar auf Rechtsverletzungen wie üble Nachrede (§111 des Strafgesetzbuches (StGB)), Beleidigung (§115 StGB) oder Ehrverletzungen (§1330 ABGB) eingegangen wird. Der Verhetzungsparagraph §283 findet sich jedoch nicht im Gesetzestext, da dieser erst zur Anwendung kommt, wenn §115 und §117 (Berechtigung zur Anklage) gleichzeitig eintreten und der Verletzte/Beleidigte die Staatsanwaltschaft zur Strafverfolgung ermächtigt.

In wie fern hier gegen eine missbräuchliche Abfrage vorgegangen werden kann, lässt der vorliegende Entwurf offen, jedenfalls gibt es bereits in einigen Stellungnahmen Bedenken, dass die Weitergabe solcher Informationen an Dritte zu Stalking oder gar zu anderen Strafhandlungen führen könnte.

ANZAHL DER MELDEPFLICHTIGEN UNKLAR

In den Erläuterungen zur Klarnamenpflicht wird zwar nur von einer überschaubaren Anzahl vom Gesetz betroffener Plattformen gesprochen, insgesamt lässt sich aber die Menge der tatsächlich zur Melde- und Prüfungspflicht verpflichteten Seiten nicht einmal seriös schätzen. Eine Zahl im fünf- bis sechsstelligen Bereich könnte jedenfalls möglich sein, wie dass die Medienbehörde exekutieren soll, bleibt jedenfalls eine Frage für sich.
Das Ende vieler Hobby-Foren könnte ein kalkulierter Kollateralschaden sein.

Es bleibt jedenfalls abzuwarten ob das Gesetz für Sorgfalt und Verantwortung im Netz so durchgeht, datenschutzrechtliche Fragen. wie man etwa Datenhandel verhindert oder wie sich diese Regelung mit dem Telekommunikationsgesetz oder der Datenschutzgrundverordnung verträgt, sind noch nicht geklärt und könnten noch zu weiteren gesellschaftspolitischen Debatten führen.

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VonSivic

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