Nicht nur in Deutschland können YouTuber unter das Rundfunkrecht fallen, auch in Österreich ist dies der Fall, die Medienbehörde (KommAustria) forderte nun 40 YouTuber schriftlich auf, ihre Kanäle anzumelden, sonst droht sie mit Strafen.
Die österreichische Medienbehörde KommAustria kündigte im Zuge einer Infoveranstaltung für Video-Influencer im April 2017 ein Vorgehen gegen Videodienste an, die bislang noch nicht ihre Angebote als Mediendienste auf Abruf (Abrufdienste) angezeigt haben. Die Kompetenz dazu hat ihr der Gesetzgeber 2012 durch das Audiovisuelle Mediendienste Gesetz erteilt.
Nun setzte die Komm Austria diese Ankündigung eineinhalb Jahre später um und rief 40 Betreiber von YouTube-Kanälen dazu auf bis zum 30. September ihre Angebote anzuzeigen. Andernfalls drohen diesen bis zu 4.000 Euro Strafe.
Die Betroffenen sind von der Aktion jedenfalls überrascht, denn sowohl Gesetz als auch Behörde waren ihnen in den meisten Fällen völlig unbekannt.
GESETZLICHE MELDEPFLICHT FÜR YOUTUBE KANÄLE?
Grundsätzlich gilt jeder Videokanal im Netz, der etwa auf YouTube. Facebook, Instagram oder einer eigenen Webseite als selbst navigierbarer Dienst betrieben wird, als gewerberechtlich meldepflichtig, sofern dieser den folgenden sechs Kriterien entspricht:
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Der Dienst muss als Dienstleistung betrieben werden, d.h. es muss sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit handeln.
(Anm.d.Red.: Eine Gewinnabsicht ist nicht notwendig, es reicht wenn der Dienst als Hobby vom Betreiber oder ergänzend zu einer anderen Dienstleistung “kostendeckend” betrieben wird. Seit 17.03.2021 reicht für den Begriff der Dienstleistung das reine Anbieten von Videos die nicht unter die Begriffseingrenzungen des §2a des AMD-G 2021 fallen)
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Der Anbieter des Dienstes muss die redaktionelle Verantwortung ausüben.
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Hauptzweck muss die Bereitstellung von audiovisuellen Inhalten in Form eines selbstständig navigierbaren Videokanals sein.
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Verbreitung über elektronisches Kommunikationsnetz (Internet)
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Der Dienst muss an die Allgemeinheit gerichtet sein.
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Die Inhalte müssen audiovisuelle fernsehähnliche Bewegtbilder sein. (Seit 01.01.2021 nicht mehr Teil des AMD-G ersetzt durch: Inhalte die der Information, Unterhaltung und Bildung dienen.)
Wesentlich dabei ist auch, dass es sich eben um fernsehähnliche Angebote handeln muss.
Auf der Webseite der Medienbehörde gibt es seit 2. Juli 2018 einen Katalog fernsehähnlicher Inhalte, der aufzeigen soll was ein mit dem Fernsehen in Konkurrenz stehendes Format ist.
So werden fernsehähnliche, möglicherweise fernsehähnliche und nicht-fernsehähnliche Programme in drei Hauptkategorien und 22 Unterpunkte aufgesplittet.
Video: Dr. Susanne Lackner (KommAustria) erklärt die Thematik um die sogenannten Abrufdienste.
Dabei fallen etwa Tagebücher nur teilweise oder Let’s Play Videos “vorerst” gar nicht darunter, während redaktionell aufbereitete Dokus, Interviews, Spaß-Videos (z.B.Pranks), Sportberichte und Musik-Videos unter die Begrifflichkeiten des Gesetzes geraten können.
HINWEIS: Zwar wird in dem Exposé von RTR und KommAustria darauf hingewiesen, dass das bloße kommentarlose Mitfilmen eines Ereignisses nicht unter den Begriff der Fernsehähnlichkeit fällt, die kommentarlose Aufzeichnung eines Bühnenauftrittes, Vortrages oder einer Pressekonferenz gilt jedoch in der Regel als fernsehähnlicher Inhalt.
EIN E-MAIL GEHT AN 40 YOUTUBER
Als ausführendes Geschäftsorgan agiert der Medienbereich der RTR (Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH) im Auftrag der KommAustria. Die Poststelle der RTR am 5. September ein E-Mail an 40 Personen/Vereine und Firmen gesendet, dessen Adressenliste für alle Betroffenen einsehbar war. Laut Datenschutzgrundverordnung würde dies einen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz darstellen, es gilt hierbei die Unschuldsvermutung.
Ob die RTR als privatrechtliche geschaffene Firma die im staatlichen Auftrag agiert, für diese Handlung mit einer Geldstrafe belangt werden könnte, bleibt vorerst offen. Es sind zum aktuellen Zeitpunkt auch keine Anzeigen bekannt.
Inhalt des Schreibens war eine Aufforderung zur Anzeige bis zum 30. September, dabei fällt auf, dass die Komm Austria keinen Unterschied zwischen Kanälen mit einem oder hunderttausenden Abonnenten macht. Auch haben etliche der Dienste weder Werbung noch Spendenaufrufe geschalten, sondern stehen im Zusammenhang mit einer anderen Dienstleistung (Beratung, Moderation, Sportverein usw.).
ANZEIGE = BÜROKRATIE-DOMINO
Die Problematik dabei ist, dass die Behörde rechtlich nicht zwischen Hobby und Gewerbe unterscheiden darf und kann. Diese Sichtweise basiert auf einem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, denn um als Dienstleistung nach dem audiovisuellen Mediendienstegesetz zu gelten braucht es laut einem Urteil gegen FPÖ-TV weder eine Gewinnabsicht noch einen erzielten Gewinn.
Für die Betroffenen heißt das aber im Zweifel dass sie ihr Gewerbe anmelden müssen, durch die Einstufung der Medienbehörde wird ein Betreiber nicht nur dieser gegenüber finanzierungsbeitragspflichtig (ab 45.844 Euro Umsatz sind 265,- Euro zu leisten, wer darunter liegt zahlt nichts), sondern wird von der RTR auch bei der Wirtschaftskammer gemeldet (Fachgruppe Rundfunk- und Telekommunikationsunternehmen).
Zwar fallen audiovisuellen Mediendienste nach §67 AMD-G nicht unter die Gewerbeordnung, zählen aber zu den Rundfunkunternehmen und diese sind von der Pflichtmitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer erfasst.
Wer Werbung einbettet oder Merchandise (Waren w.z.B. Fan-Artikel) verkauft, wird dazu noch Gewerbescheine für ein Ankündigungs- oder Handelsunternehmen brauchen. Das wiederum bedeutet dass man – abhängig vom Umfang seiner Tätigkeiten – durchaus mehrere Gewerbeberechtigungen brauchen kann.
Unterliegt man den Kriterien der Pflichtmitgliedschaft der WKO, folgt auch noch eine Versicherungspflicht bei der Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft (SVA). Diese ist aber auch unabhängig von der Wirtschaftskammer gegeben, weil YouTuber die eben nicht unter die Kriterien der Gewerbeordnung oder das AMD-G fallen (z.B. bei Abo-Finanzierung), als “neue Selbstständige” gewertet werden können, näheres dazu finden Sie auf der Webseite der SVA.
MELDEPFLICHTEN – VOM FINANZAMT BIS ZUM ARBEITGEBER
Jedoch gibt es die Möglichkeit bei den jeweiligen Landessektionen der WKO um Reduktion des Kammerbeitrages (je nach Bundesland zwischen 400-440 Euro) anzusuchen.
Da die Versicherungspflicht für Selbstständige (SVA) an die WKO-Mitgliedschaft gekoppelt ist, sind an die Sozialversicherung ca. 120 Euro bei Gewinnen unter 5.256,60 Euro (Stand) zu bezahlen, dabei handelt es jedoch nur um eine Unfallversicherung.
Gewerbe- und Finanzamt ist die “Selbstständigkeit” gesondert anzuzeigen, diese haben hier jeweils ihre eigenen Richtwerte ab welchen Umsatz- und Gewinn-Grenzen ein Unternehmen, als solches auch zu werten ist. Dabei ist zu beachten, dass das Finanzamt auch Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit einrechnet.
So ist aber unterm Strich die gewerbliche Einstufung für YouTuber durch die Medienbehörde für den ohnehin schon unternehmerisch tätigen und in anderen Branchen gemeldeten Dienstleister weniger ein Problem, als für Privatpersonen oder etwa Vereine denen bislang keine gewerbliche Tätigkeit attestiert wurde. Auch sind rechtlich gesehen Bußgelder wegen verspäteter Meldung oder Straf-/Nach-Zahlungen für ausstehende Beiträge möglich. Eventuelle Kommunalgaben (Tourismusabgabe etc.) seien an dieser Stelle nur erwähnt.
Wer Angestellter ist, muss auch seinen Arbeitgeber um Erlaubnis fragen ob er gleichzeitig als Selbstständiger arbeiten darf, andernfalls wäre dies ein Kündigungsgrund.
FAZIT:
Die Komplexität des audiovisuellen Mediendienste Gesetz zeigt sich erst jetzt, sechs Jahre nach der Einführung. Was von den einen als weitere unangenehme bürokratische Meldepflicht wahrgenommen wird, die dann eben zu nehmen ist, ist für Jungunternehmer oder Hobby-YouTuber im Zweifel eine schwere finanzielle Bürde mit vielen behördlichen Ketteneffekten. Vereine als auch politische Gruppen könnten hier auch in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt werden, denn die Gesetzgebung kann mehr oder weniger jede Form der Videoproduktion und -distribution unter den Gewerbeverdacht stellen.
Es liegt also nun am Gesetzgeber die Videodienste-Regulierung im Internet zu überdenken oder gar ganz abzuschaffen.
BIS BALD:
EUER SIVIC
INSIDE-POLITICS – MEHR ALS TAGESPOLITIK…