Es ist die Nachricht des Tages, die grüne Vizebürgermeisterin von Wien Maria Vassilakou geht, doch bereits vor zwei Tagen kündigte die Grazer Parteikollegin und Stadträtin Tina Wirnsberger ihren Rücktritt an. Mehr als ein Zufall?
MARIA VASSILAKOU NIMMT ABSCHIED VON DER POLITIK
„Ich habe heute zu dieser Pressekonferenz eingeladen um meine Pläne für die Zukunft bekannt zugeben und ich komme gleich zur Sache. Ich kandidiere nicht mehr als Spitzenkandidatin der Wiener Grünen. Als Vizebürgermeisterin und Stadträtin stehe ich längstens bis Rechnungsabschluss 2019 zur Verfügung. Über diesen Zeitpunkt hinaus, stehe ich nicht mehr zur Verfügung, bis dann muss die Übergabe an meinen Nachfolger oder meine Nachfolgerin stattfinden und ich werde ein Tip Top geführtes Ressort übergeben…“
Mit diesem Statement sorgte die Wiener Vizebürgermeisterin Mag. Maria Vassilakou (Grüne) für Aufsehen und etwas Verwirrung über den Zeitpunkt ihres formalen Rücktrittes, denn mit Rechungsabschluss 2019, war der Bilanzabschluss des Jahres 2018 zur Jahresmitte 2019 gemeint. Dies wurde im Nachklang zur Pressekonferenz von Ihrem Sprecher richtig gestellt.
Die gebürtige Griechin und Wahlwienerin lebt seit 32 Jahren in der Stadt an der Blauen Donau, studierte hier erfolgreich Dolmetsch (Deutsch, Englisch und Französisch) und war seit 2010 in durchgehender Regierungsverantwortung im Wiener Stadtsenat mit dem Koalitionspartner SPÖ.
Sie galt als ein „Durchpeitscher“ innerhalb der Partei von Umweltaktivisten und Alternativen und hielt am strengen feministischen Kurs von Eva Glawischnig fest für dem sie auch letztes Jahre, im Zuge des Ausscheidens der Grünen aus dem Nationalrat, massiv kritisiert wurde. Selbiges galt auch in Fragen wie dem Hochhausprojekt am Heumarkt dem der Rathausklub der Wiener Grünen trotz negativer Abstimmung innerhalb der Parteibasis zustimmte und bei der heiß diskutierten Fußgängerzone auf der „unteren“ Maria-Hilferstrasse.
In ihrer Rücktrittsrede replizierte sie insbesondere auf die unter ihrer Rigide geschaffenen Projekte und verwies darauf dass etwa die 365 Euro-Jahreskarte, das Topjugendticket, 13 Bürgersolarkraftwerke, 1.000 E-Ladestationen eingeführt wurden und die Mariahilferstraße, der Stephansplatz, Herrengasse, das Nordbahnhofviertel und Nordwestbahnhofviertel neugestaltet oder saniert wurden. Auch das Prestigeprojekt Seestadt Aspern, das Parkpickerl in den Außenbezirken (Favoriten, Simmering) und die jüngst beschlossene Novelle der Bauordnung zum Schutz von Gründerbauhäusern vor der Abrissbirne erwähnte die nun scheidende Politikerin.
Für Vassilakou ist es jedenfalls Zeit für einen Wechsel, auch wenn prominente Fürsprecher wie etwa der Politik- und Marketing-Berater Rudi Fussi ihren Rücktritt als negative Entwicklung sehen, will sie für sich nun kurz vor ihrem 50. Geburtstag neue Weichen stellen und sich in diesem „angebrochenem“ Leben anderen Dingen widmen und Platz für ihre Nachfolger und Nachfolgerinnen schaffen.
GRÜNE NEUAUFSTELLUNG ODER STÄNDIGER WECHSEL?
Der Rücktritt von Maria Vassilakou folgt einem Muster, denn während sie 22 Jahre in der „Spitzenpolitik“ aktiv war (seit 1996 im Wiener Gemeinderat), verließen insbesondere in den letzten 3 Jahren viele Frauen bei den Grünen mit ähnlich langen oder auch jüngeren Karrieren die Partei.
Auf den Rücktritt von Eva Glawischnig (Mai 2017) folgte die Doppelspitze Ingrid Felipe (Parteichefin) und Ulrike Lunacek (Spitzenkandidatin NR-Wahl 2017), diese wurde in Folge der Nachwehen zur verlorenen Wahl durch Werner Kogler ersetzt und Michel Reimon wurde Lunaceks Nachfolger als Fraktionssprecher im EU-Parlament.
Und auch in der Steiermark wechselten seit 2015 drei Spitzenpositionen die Mandatsträgerinnen. Sandra Krautwaschl folgte auf Ingrid Lechner-Sonnek 2015 im Landtag, Tina Wirnsberger beerbte Lisa Rücker als Grazer Parteichefin und Stadträtin und Lara Köck ersetzte Sabine Jungwirth ebenfalls im steirischen Landtag.
Doch nun findet hier schon die nächste Rochade statt, denn bereits am letzten Freitag (31. Aug. 2018) erklärte die Vorsitzende der Grazer Grünen mit Jahresende 2018 ihre Ämter zu räumen. Sie begründete dies mit einer anstehenden Operation und meinte dass sie daher nicht weiter in der Lage sei „300%“ zu geben, ihre Gesundheit stehe im Vordergrund.
Mit der 36jährigen Wirnsberger zieht sich eine sehr junge Vertreterin der Grünen nach gerade einmal eineinhalb Jahren aus der Spitzenpolitik zurück. Wer ihr folgen soll ist noch nicht klar.
Hinzu kommt auch die Neuaufstellung für die EU-Wahl, denn ob die Grünen mit Michel Reimon als Spitzenkandidaten ins Rennen gehen ist unklar.
Reimon wird zudem eine Beziehung zu Wirnsberger nachgesagt, weswegen auch dieser Faktor zu berücksichtigen wäre, denn ein Spitzenkandidat der sich um eine Partnerin sorgen muss, ist eventuell nicht in der Lage die Strapazen eines Wahlkampfes voll und ganz auf sich zu nehmen.
FAZIT:
In wie fern der „Doppelrücktritt“ von Tina Wirnsberger und Maria Vassilakou mit der Neuausrichtung der Partei vor der anstehenden Europawahl nächstes Jahr in Verbindung steht und ob das Timing auch mit den vielen Neuwahlgerüchten in Wien und der Steiermark zu tun hat, bleibt abzuwarten.
Jedenfalls ist die zeitliche Aneinanderreihung etwas ungewöhnlich und zeigt dass die Grünen nicht nur in ihren Hochburgen Wien und Graz umbauen, sondern mittelfristig eine personelle Generalrevision der Umweltpartei ansteht.
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