330, Der Journalist dein Geschäftspartner – Vom Medientraining bis zum Galaabend! (Teil 2)

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„Der Journalist dein Geschäftspartner, nicht nur dein Ehepartner“, in der österreichischen Medienlandschaft ist beides keine Seltenheit. Doch sind solche Entwicklungen moralisch noch vertretbar oder bereits ein elementarer Bestandteil journalistischer Korruption?
Mehr dazu hier…

Im Titelbild sieht man wie eine Journalistin mit einem Politiker über einen Interview-Termin verhandelt, doch gibt es eine Reihe von Kollegen die über die berufliche Verpflichtung hinaus auch andere Dinge mit Politikern besprechen.

Die Nähe zwischen Medien und Politik geht nämlich bis Ehebett.
So ist etwa ORF Sonntagstalkerin Claudia Reiterer mit Lothar Lockl (Pressesprecher Van der Bellen) verheiratet, Heinz Christian Strache (FPÖ) und Eva Glawischnig (GRÜNE) sind ebenfalls mit Moderatoren verehelicht und viele Politikerinnen oder Politiker haben sehr intime Beziehungen mit den Kollegen vom Fernsehsender neben an.

Solche „Liaisonen“ ziehen sich aber quer durch die Branche und sind auch ein Bestandteil des sehr verzahnten Verhältnisses zwischen Staatslenkern und Nachrichtenschreibern.


Video: Alexander Surowiec (Fass ohne Boden) und Claudio Schiesl (Inside Politics) sprachen schon im Okt. 2016 über unabhängigen Journalismus.

Diese Vernetzung beschränkt sich nicht nur auf Ehen oder Verwandtschaftsverhältnisse, sondern setzt sich bei Vereinsmitgliedschaften oder Freundschaften fort.
Der investigative Journalist Alexander Surowiec (Fass ohne Boden) antworte auf die Frage von INSIDE POLITICS nach einem Fraternisierungsverbot in Redaktionen, dass es mehr Transparenz geben sollte, jedenfalls besteht auch seiner Meinung nach bei den Themen Objektivität und Unabhängigkeit Nachholbedarf bei ORF und anderen Medien.

Denn die Trennlinie zwischen der sogenannten vierten Gewalt und der Politik verschwimmt zusehends. Dabei zeigt sich auch, dass es schon längst neue Regeln bräuchte um mögliche „Befangenheiten“ von Journalisten frühzeitig kennzuzeichnen.

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Bild: Nicht nur Heinz Christian Strache ist mit einer Moderatorin verheiratet.

Kann man das aber kontrollieren oder gar verbieten?
Die Antwort darauf könnte eine gesetzliche Offenlegungs-/Transparenzpflicht sein, denn Medien sind zur objektiven Berichterstattung und die Redaktion, bzw. der Journalist selbst, zur Wahrung seiner Unabhängigkeit angehalten.

So eine Regelung lässt sich aber arbeitsrechtlich nur schwer durchsetzen, denn wer mit wem ein „Stell-Dich-ein“ hat oder in welchem Verein gemeinsam Sport macht, ist „Privatsache“, auch wenn diese Nebensächlichkeiten die Berichterstattung beeinflussen könnten.
Womit wieder das OGH Urteil aus Teil 1 dieser Reihe eine Rolle spielt, demnach ist dem durchschnittlichen Leser klar, dass Journalisten in aller Regel nicht „neutral“ berichten.
(Anm.: Meine Transparenzliste findet ihr hier.)

KAUF DIR „DEINEN“ MODERATOR!

Und genau diese Sichtweise greift auch in den geschäftlichen Bereich hinein, denn viele Medien-Stars, nutzen ihre Popularität für sehr lukrative „Nebengeschäfte“.

Sie arbeiten im Nebenerwerb als „selbstständige“ Moderatoren oder Medientrainer, spielen mit Politikern/Führungskräften Interviewsituationen nach (siehe Kritik von alwacker) oder führen Gäste größerer Unternehmen/Organisationen bei Veranstaltungen durch ein Abendprogramm.

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Bild: Rainer Pariasek ist nicht der einzige ORF-Moderator mit „Nebenjob“. (Quelle: http://www.raiffeisen.at/rlb-steiermark, Foto Fischer)

Ihre Bekanntheit zahlt sich dabei doppelt aus, denn die Anstellung bei einem Medienunternehmen ist zugleich Referenz und Visitenkarte bei selbstständigen Tätigkeiten.

Solche Dienstleistungen kosten natürlich viel Geld. Aus gut informierten Quellen hört man, dass sich ORF-Stars wie Waltraud Langer, Rainer Pariasek, Patricia Pawlicki, Dorian Steidl oder Kathi Bellowitsch solche Engagements mit 5.000 Euro aufwärts pro Veranstaltung honorieren lassen, Hollywood-Lächeln inklusive.
Dabei ist das Geschäft so lukrativ, dass der ORF selbst viele seiner Stars vermittelt, in einem eigenen Kontaktformular kann der Kunde aussuchen für welches Event er eine Moderatorin oder einen Moderator sucht und engagieren will.

WENN DER JOURNALIST ZUM GESCHÄFTSPARTNER WIRD

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Bild: Eine Nachrichtenmoderatorin die gleichzeitig Firmenveranstaltungen moderiert? Patricia Pawlicki wirbt sogar öffentlich für ihre Dienstleistungen. (Quelle: https://www.ffg.at/content/patricia-pawlicki, Kurz Biografie Patricia Pawlicki)

So bietet etwa die mit Kurier-Chefredakteur Helmut Brandstätter verheiratete ORF-Moderatorin Patricia Pawlicki (Hohes Haus), sowohl Medientrainings als auch Moderationsdienste für Galaabende an, Kunden sind laut Eigenangabe auf der Webseite der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) Firmen wie REWE, POST, Telekom Austria, BAWAG und viele weitere Unternehmen.

Ähnliches tut auch die Programmchefin des ORF-Steiermark und Präsidentin des steirischen Presseclubs Sigrid Hroch, die nicht nur als Gastgeberin im Presseclub moderiert, sondern auch durch Veranstaltungen für Auftraggeber wie die Arbeiterkammer Steiermark führt.

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Bild: ORF-Steiermark Unterhaltungschefin Sigrid Hroch arbeitet ab und zu auch als Moderatorin, hier für die Arbeiterkammer.

Pikant, im steirischen Presseclub sind Medien, einzelne Journalisten, Unternehmen und auch alle Landtagsparteien Mitglied, dass es also von offizieller Seite keine Statements zu Themen wie der Causa „Armin Wolf“ gibt, liegt auf der Hand. (Der Autor dieses Beitrags ist selbst Mitglied des Presseclubs, siehe Transparenzliste)

Womit sich die Frage stellt, ob es hier nicht zu einem Interessenskonflikt kommt wenn Journalisten die unbeeinflusst und kritisch berichten sollten gleichzeitig für Sozialpartner, Unternehmen, Parteien, Vereine oder Banken als Dienstleister tätig sind?

Die Antwort kann aus der wirtschaftlichen Logik heraus nur „Ja“ sein. Alles andere wäre für die genannten Dienstleister sonst geschäftsschädigend.

WOLLEN SIE PARTNER VON JOURNALISTEN WERDEN UND NICHT GEGNER?

Ebenfalls bedenklich ist das Thema „Medientrainings“ die durch Berufsjournalisten geführt werden, zu sehen.

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Bild: Interessenskonflikt? „In jedem Intomedia Training werden Interviews von aktiven, namhaften Journalisten geführt.“ (Quelle: www.Intomedia.at)

Der Marktführer in Österreich die Intomedia-GmbH wirbt damit, Journalisten für Medientrainings unter Vertrag zu haben. Solche Tageskurse kosten abhängig von Agentur, Trainer, Teilnehmerzahl, Raum- und Gerätemieten usw., in der Regel 2.000 bis 4.000 Euro.

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Bild: „Wollen Sie Partner von Journalisten werden und nicht Gegner?“ – Peter Pelinka zeigt wie es geht! (Quelle: www.PeterPelinka.at)

Auch der „freie Journalist“ Dr. Peter Pelinka (Arbeiterzeitung/ORF/NEWS) wirbt mit der Frage „Wollen Sie Partner von Journalisten werden und nicht Gegner?“ auf seiner Homepage PeterPelinka.at für Medientrainings und Moderationen.
Dass sich die Selbstbeschreibung seines Programms nach DDR-Meinungsagitation anhört, dürfte Pelinkas journalistischer Grundausbildung in den 80er Jahren bei der sozialistischen Arbeiterzeitung geschuldet sein.

Aber bitte, er will ja „nur“ die Methoden von Journalisten erklären. Nebenbei ist Peter Pelinka auch bei „Intomedia“ als Gesellschafter beteiligt und diese trainiert nicht nur Landeshauptleute, sondern ebenfalls bekannte Nachrichtensprecher.
Für solche Situationen hat man sogar ein eigenes ZIB-Studio nachgebaut.
Wer sich dort so herumtummelt kann man übrigens auf dem Facebook Auftritt des Unternehmens nachsehen.

Jedenfalls geben sich so Journalisten und Politiker die Klinke in die Hand, man kann davon halten was man will, aber berufliche Hygiene sieht anders aus.
Interessant ist jedenfalls auch, dass etliche Vertreter der „Vierten Gewalt“ auf Fachhochschulen die nächsten Generationen von Reportern und Moderatoren unterrichten, während sie selbst gute Geschäfte mit denen machen, die sie kontrollieren sollten.

Fazit:

Österreich ist ein Dorf, die Verbindungen zwischen Medienunternehmen, Wirtschaft und Politik sind sehr eng, sie reichen bis ins Ehebett.

Im Sinne einer echten Diskussion über Befangenheitskriterien, Interessenkonflikte und freien Journalismus in einem demokratischen Staat, müsste man ehrlich darüber reden, ob Reporter oder Medienvertreter „Zweitjobs“ nachgehen dürfen, die sowohl ihre Integrität als auch ihre Objektivität beeinflussen können.

An sich wäre das unvereinbar, aber wer soll das bestimmen und kontrollieren, der Dienstgeber oder die Medienbehörde?

Letztere ist sowieso jetzt schon voll ausgelastet, wenn diese dann noch den moralischen Kindergärtner für Journalisten und Medienanbieter spielen müsste, brauchen KommAustria und RTR-GmbH wohl gut 1.000 neue Detektive und Rechtsgelehrte.

Aber anders gefragt, will dieses Land wirklich eine STASI die unsere „Eliten“ kontrolliert?

Es zeigt sich an diesen Beispielen, dass der Nimbus eines freien und unabhängigen Journalismus eben nur eine Illusion ist.
Medien können keine weisungsfreie „Vierte Gewalt“ sein, dazu fehlt ihnen einerseits die rechtliche als auch die demokratische Legitimation und andererseits die systematische Unabhängigkeit, die am Ende nur durch Abonnenten und entsprechende Preiserhöhungen am Kiosk gewährleistet wäre.

Mehr zu diesem Thema in den folgenden Beiträgen:

INSERATE, PRESSEFÖRDERUNG UND CO. (329)
DER JOURNALIST DEIN GESCHÄFTSPARTNER (330)
PARTEIPROPAGANDA IM NETZ (348)

BRAUCHT ES EINE TRANSPARENZDATENBANK FÜR JOURNALISTEN (392)

BIS BALD BEIM DRITTEN TEIL,

EUER SIVIC!

INSIDE POLITICS – MEHR ALS TAGESPOLITIK…

(UPDATE AM 28.06.2018)

VonSivic

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