Nach der Razzia in Graz, bleiben viele Fragen offen. Der Großeinsatz der Polizei wirft ein neues Licht auf den Umgang mit Terror und Terrorismus, Radikalisierung und gibt die Frage auf: “Wie sicher sind wir überhaupt?” – Ein Kommentar von Claudio Schiesl.
DIE TERRORGEFAHR WIRD ALLGEGENWÄRTIG:
Vorausgeschickt ist, dass “die Gefahr“, nicht “der Terror” allgegenwärtig werden.
Nachdem ein “Terroranschlag” in Wien vereitelt wurde und am Donnerstag bei Antiterrorrazzien in Wien und Graz 14 Personen verhaftet wurden, sprechen Exekutive und Justiz von einer kleinen Gruppe an radikalen Islamisten, denen es in erster Linie um den Strukturaufbau ging.
Das Problem darin sind per se nicht die Islamisten – die Herausforderung liegt auch in hohem Maße in der Neutralisierung von “Einsamen Wölfen”. Also radikalisierten Einzeltätern und das können auch einfach nur Personen mit einem Argwohn gegen gewisse gesellschaftliche Tendenzen sein. Denn die Radikalisierung ist nicht alleine auf den politischen Islam beschränkt, sie findet in vielen Lagern statt.
Was mich noch immer wundert ist, dass die Stadtpolitik es ernsthaft noch zulässt, dass die Bezirksvorsteher und ihre Stellvertreter mit ihren echten Wohnadressen auf der Homepage der Stadt Graz angeführt werden. Nur zwei der 51 gelisteten Personen haben ihre Privatadresse nicht angegeben, eine davon steht im Herold.
Aber keine Sorge, aus gut informierten Kreisen der Versicherungsbranche erfuhr ich, dass Prämienerhöhungen nur in Einzelfällen stattfinden werden und wer mit einem Politiker im selben Haus wohnt muss sich nicht fürchten, dass sich seine Lebens- oder Haushaltsversicherung erhöht.
TERROR – AUGEN ZU UND DURCH!
Die politische Klasse spielt das Thema Sicherheit und steigende Kriminalität wegen des Gemeinderatswahlkampfes eher runter.
Klar, will man doch Bevölkerung und eigene Parteibasis nicht verunsichern, obwohl im Dunstkreis von FPÖ und Grünen mittlerweile starke extremistische Randpole entstanden sind. Siehe dazu die alljährliche Akademikerball-Demo in Graz, deren friedlicher Ablauf dieses Jahr wohl eher dem kommenden Wahlgang zu verdanken ist.
Bei der Diskussion der Kleinen Zeitung am Donnerstag in der Aula der Grazer Universität, spielte die steigende Radikalisierung und der Polizeieinsatz nur eine geringe Rolle. Der Spitzenkandidat der Freiheitlichen, Mario Eustacchio, versuchte das Thema öfters anzusprechen. Der Ruf verklang jedoch im typischen Anti-Hetze-Tenor einiger Mitbewerber und insbesondere die Grüne Spitzenkandidatin Tina Wirnsberger sah sich gefordert der FPÖ vorzuwerfen, dass sie die Kinder gegeneinander aufhetzen würde. Bürgermeister Siegfried Nagl sprach wiederum von einer schlaflosen Nacht im Vorfeld des Einsatzes. Womit klar ist, dass er vorinformiert war.
Praktisch scheint es so, dass viele Politiker noch nicht realisiert haben, was nun geschehen könnte. Das subjektive Sicherheitsgefühl jedenfalls scheint zu sinken und ja, das hat auch mit der steigenden Arbeitslosigkeit zu tun.
Stellt euch doch einmal 100.000 Arbeitslose mit Kanone und Gewehr (ein Lied aus der Proletenpassion) vor, da brauchen wir keinen Islamischen Staat mehr als “Feindbild“, dann hat sich nämlich viel in diesem Land von selbst erledigt.
HÖHERE SICHERHEITSPRÄSENZ MIT GRAVIERENDEN LÜCKEN
Auch wenn im aktuellen Wahlkampf das Sicherheitsthema höhere Bedeutung erhält, gehört Polizeischutz für Wahlkampfstände nicht zur Regelaufgabe der Ordnungshüter, auffallend sind die steigenden “Privat-Securities”, sei es vor Juwelieren in der Herrengasse (die sind dort schon länger), beim Mc-Donalds am Jakominiplatz oder am Ostbahnhof in Graz.
Auch die gescholtene Ordnungswache geht nicht nur ihre Rundgänge durch die Stadt, sondern steht bei Straßenbahnstationen und schaut ob die Leute auch korrekt ein- und aussteigen.
Skurril ist die Lage aber definitiv im Mc-Donalds am Jakominiplatz. Dort muss nämlich die neue Schranke vor der Toilette bewacht werden, wobei dies wohl keine Anti-Terror-Maßnahme ist, sondern mit dem Milieu am “Central Transfer Point” zu tun hat.
Fakt, der sichtbare Schutz steigt, zuletzt sah ich auch vor dem Landhaus zwei Polizisten stehen.
Jedoch wird dem Schutz größerer Diskussions- und Wahlveranstaltungen eher wenig Aufmerksamkeit gegeben, so auch bei der Wahlkampfarena der Kleinen Zeitung. Zwei Securities standen vor dem Eingang der Universität, einer davon öffnete mir zuvorkommend die Tür, ein nächster stand in der Halle und zeigte mir den Weg zum Saal, zwar waren auch Sicherheitsleute im Saal anwesend, aber Taschen- oder Kleidungskontrollen standen nicht am Plan.
Im Ernstfall wäre die Veranstaltung ein blutiges Desaster geworden, zum Glück ist die aktuelle Lage noch nicht auf diesem Niveau angekommen.
Andererseits ist das ja auch gut so, wenn Politiker wie Bürgermeister Siegfried Nagl am Freitag Nachmittag einfach alleine und ohne Schutz in der Schmiedgasse nach Hause gehen können oder Stadtrat Kurt Hohensinner am Samstag im Murpark ungestört und unerkannt einkaufen darf.
Das gehört meiner Meinung nach zu einer hohen Lebensqualität, diese soll selbst Politikern gegönnt sein.
HABT EUCH WOHL,
EUER SIVIC!
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