Das Neuwahlgespenst geht einmal mehr um, trotz etlicher Beschwichtigungen, machen führende Politiker kein Hehl mehr daraus.
Die zwei großen “Mittelparteien” positionieren sich bereits und Christian Kern hat, beginnend mit dem letzten ORF Sommergespräch am 5. September eine mediale “Herbstoffensive” gestartet.
Von der Fahrt in der Grazer Kanzlerbim über Rudi Fußi will streiten bei NEWS, ein Ö24 Interview mit Wolfgang Fellner, ATV’s Klartext bei Martin Thür, bis hin zum Zeitgespräch diesen Montag mit ZEIT Chefredakteur Giovanni di Laurenzo, es vergeht aktuell keine Woche ohne ein “großes Kanzler-Interview” in den unterschiedlichsten Medien.
Stellt sich die Frage warum macht er das?
Nummer 1: Die Kanzlerprofilierung!
Durch die verschobene Bundespräsidentenwahl und den daran gekoppelten überlangen Wahlkampf, entsteht ein “Vakuum”, Van der Bellen und Hofer können dieses alleine nicht füllen und Dauerwahlkampf will und kann man sich schon aus finanziellen Gründen nicht antun.
Gleiches gilt für die Medien, daher wird wieder “normal” berichtet.
Damit öffnet sich für den Bundeskanzler ein “Window of Opportunity”, dieses kann er nutzen um emotionale und sachliche Themen wieder in öffentlichen Diskussionen zu fokussieren und sich selbst zu profilieren.
Damit verbunden ist eine Image-Kampagne auf Instagram, Facebook und Youtube, also den Medien die der Kanzler selbst kontrollieren und nach eigenen Wünschen bespielen kann.
Was er nun auch in Schrift und audiovisuell zu CETA machte.
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Video: Wenn die ÖVP keine Neuwahlen, wird man bis 2018 weitermachen, gibt Kern zu verstehen.
Egal ob es Neuwahlen gibt oder nicht, Christian Kern stellt sich in dieser Medienoffensive der Bevölkerung als greifbarer, sympathischer und kompetenter Politiker, der mit dem verstaubten Oberlehrer-Image der SPÖ aufräumt und potentielle Wähler auf seiner Reise durch die Politik und ihre Untiefen mitnimmt.
Nummer 2: Die Christian Kern Show!
Natürlich hören wir in der Berichterstattung fast täglich etwas vom Bundeskanzler, doch dies ist eine gezielte Kampagne.
Christian Kern bespielt alle Kanäle, vorbei sind die Zeiten des allmächtigen ORF oder der großen Bundesländerzeitungen, nun wandert der Kanzler von einem Privatmedium zum anderen und nimmt dabei in Kauf, dass ihm via Youtube (siehe ATV-Klartext) gerade einmal ein paar dutzend Leute zusehen.
Der Bundeskanzler inszeniert sich als lösungsorientierter, erfahrener Manager. Er bricht damit aus der Rolle des klassischen Politikers aus und spielt als Kommunikationsprofi den stets freundlichen Erklärer, der Moderator und Zuschauer durch die Welt der Politik begleitet.
Widrigkeiten in der Tagespolitik gehören da genauso zum Themengebiet wie der Umstand, dass die Politik für breitere Bevölkerungsgruppen unglaubwürdig geworden ist.
Mit dieser Kanzlershow zeigt Kern wöchentlich auf, was bei Werner Faymann nur mit Europa- und Österreich-Fahne im Hintergrund und via Live-Schaltung aus dem Kanzleramt höchstens 2 mal im Jahr möglich war.
“Der Bundeskanzler kommt persönlich”, die staatlichen Symbole sind da nebensächlich. Wenn ich mich nicht irre war er heuer schon drei mal bei Armin Wolf und zwei mal bei Lou Lorenz Dittelbacher.
Die Auftritte bei Privatsendern nicht eingerechnet.
Nummer 3: Werde greifbar!
Mit der Kanzlerbim und dem Kanzlerfest, hat Christian Kern in der Steiermark für einiges Aufsehen gesorgt, dass der Kanzler durch Graz mit der Straßenbahn fährt wurde zwar von vielen “positiv” aufgenommen, polarisiert hat der Auftritt trotzdem, denn die auf volksnah gemachte Inszenierung, wurde nicht selten als ein “Gemma Kanzler schaun” und eine öffentliche Veranstaltung zur Besänftigung der eigenen Genossen gewertet.
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Video: Wie man die Sprache der Politik analysiert zeigt Martin Haase vor.
Bei solchen Auftritten bedient sich der neue Kanzler gerne mit Parolen wie “Wir müssen Politik den Menschen wieder glaubhaft vermitteln” oder “Politk muss wieder greifbar werden”, auch ruhig der Rethorik von Oppositionellen wie Matthias Strolz oder Martin Ehrenhauser, die in den letzten Jahren vor allem mit einfachen Worten politische Prozesse zu erklären und mit sachlichen Argumenten versucht haben zu punkten.
Auf Ehrenhauser geht auch der Spruch zurück “Die Menschen glauben uns nicht mehr!”, sein anschließender Abgang aus dem Pressestudio im ORF ist heute längst vergessen.
Einen wütenden Christian Kern der mitten in der Sendung ein Studio verlässt, wird es wohl nicht geben.
Nummer 4: Bilder im Geist aufhängen, nicht Politiker!
Gut das habe ich mit dieser Überschrift gerade getan, Christian Kern setzt bei seinen Argumenten auf die Kunst Bilder im Kopf der Zuseher und des Moderators aufzuhängen.
Die Zuschauer sind fixiert und der Moderator ist gezwungen nachzudenken um das Bild zu übersetzen.
Mit dieser Sprachtechnik werden mit greifbaren Begriffen komplexe Prozesse einfach erklärt und in Verbindung mit der Dialektik auch Lösungsvorschläge präsentiert, insbesondere Matthias Strolz ist dafür bekannt, dies zu tun (siehe Maulwurfshügel und Pensionsgipfel).
Klassisches Anwendungsbeispiel für Bildvergleiche ist die Technik, ich versuche einmal die Ausmaße eines Öltankers zu erklären:
“Die Hellespond Fairfax hat eine Länge von 380 m und ca. 50.200 PS, das entspricht einer Länge von fast 4 Fußballfeldern und der Leistung von 500 und 2 gut motorisierten PKW.
Nun aber zum Inhalt meines Satzes.
Mit der Erwähnung des Fußballfeldes habe ich einerseits die Emotion erfasst und andererseits gehört es zum Allgemeinwissen dass ein Fußballplatz 100 m lang ist.
Ähnlich ist es bei den PKW’s, ich habe mit 500 und 2 eine leicht zu fassende jedoch ungewöhnliche Zahl geschaffen (13,7603 eh schon wissen), mit der Wortkombination “gut motorisierter PKW” habe ich einen emotional undefinierten Begriff auf eine sachliche Ebene gestellt und eurem Kopf erklärt, dass der gut motorisierte PKW 100 PS hat, so wie der “gute Laufschuh” auch 100 Euro kostet, was uns Verkäufer und Werbung seit Jahren einreden wollen.
Aber wer weiß, vielleicht plane ich euch damit unterbewusst noch etwas in Sachen Umweltschutz und damit verbundener versteckter Preiserhöhung zu erzählen.
Diese Art Fakten zu präsentieren, kennt man aus Dokumentationen oder dem Kinderfernsehen, in der Politik fiel mir diese Redensweise insbesondere im angelsächsischen Raum auf, ein moderner Klassiker ist vor 4 Jahren Barack Obama gelungen, als er Mitt Romney erklärte was ein Flugzeugträger ist.
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Video: Barack Obama klärt Mitt Romney über Flugzeuträger und Nuklear-Uboote auf.
Die Simplifizierung hat aber auch Nachteile und wer die Umfragen zur Kompetenz von Politikern kennt, weiß dass man diese Sprachweise nur dann auch anwenden sollte, wenn man sonst auch eine gute Zunge hat.
Sonst geht es einem wie Werner Faymann, denn wer heute behauptet dass der ehemalige Bundeskanzler in seiner Kommunikation besonders kompetent war, galt schon während seiner Amtszeit als “Konterrevolutionär”.
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