262, Flüchtlinge – Wenn der Brenner „wieder“ trennt!

VonSivic

8. Mai 2016

Hallo zu Beitrag 262!

Warum bringt H.C. Strache die Süd-Tirol Frage ausgerechnet jetzt in die öffentlichen Diskurs zurück und was könnte die Schließung des Brenners für Österreich, seine territoriale Integrität, wie auch seine Souveränität bedeuten?

Bild 1: Ein Rollstuhlfahrer demonstriert am Brenner gegen die Schließung der Grenze. 
(Quelle: Facebook, Zeitungsfoto.at)

Süd-Tirol ist wieder einmal in aller Munde und bevor ich im kommenden Winter nach Innsbrucko in Italienisch-Nord-Tirol fahre, sollte sich mein Blog mit diesem Thema ausführlich beschäftigen.

An dieser Stelle sei wieder einmal der Hinweis erlaubt, dass ich nach journalistischen Kriterien kein „neutraler“ Berichterstatter bin. 
Ich bin nämlich Mitglied der Süd-Tiroler Freiheit, Vorstandsmitglied der Bewegung Freies Triest – Österreich und Delegierter des Movimento Trieste Libera.

Wer mich kennt und mitverfolgt was ich mache, der weiß dass ich die Süd-Tirol Frage schon länger beobachte, ich unterhalte persönliche Kontakte nach Süd-Tirol und fühle mich recht gut im Bilde über das was zwischen Brenner und Salurner Klause passiert. Wenn jemand die Vorgeschichte zu den aktuellen Ereignissen nicht kennt, bitte hier.

Egal ob es nun die heutigen Wahlen in Bozen oder die Diskussionen über die doppelte Staatsbürgerschaft sind, wir wissen davon und sprechen darüber.

Süd-Tirol und das Trentino sind die Tiroler Landesteile, welche bis heute unter italienischer Verwaltung stehen und auch wenn jetzt Heinz Christian Strache ein Referendum über die Wiedervereinigung Süd-Tirols mit Österreich fordert, ist die Geschichte für die FPÖ ein alter Hut.

Bild 2: FPÖ TV untermauert den Anspruch auf Süd-Tirol von Folge zu Folge, immer wieder.

Dies sieht man immer wieder im Auftreten der Freiheitlichen, selbst FPÖ TV weißt in seinem Intro im wieder auf Süd-Tirol hin.
Ich hörte im letzten Jahr bei einem Süd-Tiroler Tag im Parlament den jetzigen FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidaten Norbert Hofer, wie auch er von einem Fenster sprach, dass sich als bald öffnen könnte und das von Österreich getrennte Süd-Tirol abgespaltene Süd-Tirol wieder

Video 1: Norbert Hofer über Süd-Tirol, im Jänner 2015.

Doch bei all den freiheitlichen Bekundungen zur Wiedervereinigung Süd-Tirols mit Östereich, fehlt mir als Monarchist ein entsprechendes Bekenntnis zu den anderen österreichischen Minderheiten in Italien, deren Nach-, wie auch Vorfahren eben nicht Deutsch sprechen / sprachen.

Denn Friauliner, Kanaltaler, Trentiner und eben auch die Bürger Triests, waren formal bis 1920 österreichische Staatsbürger, die haben genauso Rechte, die bislang mit Füßen getreten wurden und damit ist wieder einmal bewiesen, dass Österreich eben nicht dort aufhört, wo man nicht mehr Deutsch spricht.

Immer wieder höre ich den Ruf „Vergesst ma net aufs Trentino!“, ob dies nun im Falle der doppelten Staatsbürgerschaft oder der Wiedervereinigung mit Österreich ist.
Ich war 2014 bei einer Demonstration am Brenner, da waren auch Vertreter aus dem Friaul anwesend, übrigens ein Umstand den die italienisch-sprachige Berichterstattung in Süd-Tirol völlig ausblendete, genauso wie die Delegation aus Triest, die nur im deutschsprachigen Bericht von RAI-Süd-Tirol zu sehen war.

Notiz am Rande, vor einigen Jahren, schlug der FPÖ-Abgeordnete und Süd-Tirol Kenner Werner Neubauer, eine Parteigründung im Trentino vor, in Süd-Tirol sind die Freiheitlichen nach der Südtiroler Volkspartei (SVP) zweitstärkste Kraft. 

Die Faktenlage:

Aber nun von der emotionalen Sicht zur realpolitischen Situation, die mich gerade wenig schlafen lässt.

  • Österreich hat im Februar angekündigt, Grenzkrontrollen am Brenner einzurichten (wir berichteten).
  • Die Bauarbeiten für ein „Grenzmangement“ begannen bereits im April.
  • Ab Mitte Mai (12.5) könnten Kontrollen beginnen.
  • Im Report-Spezial vom 25. April, sprach Alt-Bundeskanzler Franz Vranitzky davon, dass die österreichische Regierung in ihrem Handlungsspielraum in der Flüchtlingskrise zwischen Deutschland und Italien eingezwenkt ist.
  • Deutschland ist Italiens wichtigster Handelspartner, der Brennerpass ist eine der bedeutendsten Verbindungsstrecken zwischen Süd-Deutschland und Nord-Italien. 
  • Eine Sperre des Brenners würde erhebliche Einschränkungen mit sich bringen und die italienische Wirtschaft, wie auch das Tourismusgewerbe beeinflussen.
  • Brüssel, Rom und Berlin, üben entsprechende Kritik an Wien, sollte es auf die Idee kommen, am Brenner wirklich beginnen zu kontrollieren.
  • Gespräche des neuen österreichischen Innenministers Swoboda letzte Woche mit seinen Amtskollegen Angelino Alfano (I), wie auch mit Thomas de Maizière (D), führten zwar zu einem bekundeten Verständnis, sind jedoch spätestens diese Woche nach dem Renzi-Merkel Treffen in Rom, als „passé“ zu bezeichnen.
  • Seit Wochen sorgen Demonstrationen am Brenner immer wieder für wilde Szenen und Wirbel. Am 7. Mai kam es wieder zu massiven Protesten an denen Anarchisten und Linksextremisten teilnahmen.

Was könnte passieren?

Das ist die große Frage, die mittlerweile Europa beschäftigt.
Für die SPÖ hört ja bekanntlich Österreich am Mondsee (Grenze zwischen Oberösterreich und Salzburg) auf. Klar, in Tirol und Vorarlberg handelt es sich bei den sozialdemokratischen Landesparteien um Minderheitenprogramme, was interessiert da die Roten in Wien, der Wilde Westen.
Faktum vom Neusiedlersee bis zum Bodensee, misst Rest-Österreich 694 km und ob sich das in naher Zukunft ändern könnte, wissen wir aktuell nicht.

Nein, ich gehe aktuell nicht davon aus dass ein größeres südliches Nachbarland welches in letzter Zeit, in seiner nördlichsten Provinz begonnen hat Kasernen auszubauen und plant die Landepiste des Flughafens der Provinzhauptstadt der auch militärisch genutzt wird zu verlängern, in Nord-Tirol einmarschiert.

Aber (der Jochen hat schon gelacht 😉 ), wie man an den massiven Ausschreitungen von Gestern (7. Mai) sehen kann, gibt es Kräfte die vor Gewalt nicht zurückschrecken um ihre Ziele durchzusetzen.

 Bild 3: Angela Merkel und Matteo Renzi wurden in Rom, 
gegenüber Österreich sehr deutlich. 
(Quelle: SN/APA (AFP)/ALBERTO PIZZOLI)

Die Schließung des Brenners kann sich als fataler Fehler herausstellen, egal wie man das Spiel spielt, Österreich wird immer der Depp sein. Angenommen die italienische Regierung lässt es zu, dass Tausende oder Zehntausende Flüchtlinge in einer Art Hotspot am Brenner gesammelt werden und diese kommen dann über die österreichische Grenze, was macht die Tiroler Landesregierung dann?

  • Setzt man Löschwagen mit schwerem Gerät ein, wie es bei uns in der Redaktion angesprochen wurde, ist man für die Weltöffentlichkeit im selben Eck wie die Ungarn Zuhause. 
  • Schießt man, dann wird es ganz sicher Konsequenzen geben, die uns nicht gerade gefallen werden.
  • Sperrt man die Grenze ab, setzt massiv auf Kontrollen und nutzt alle Mittel die im Gesetzeskatalog sind, kann Italien dies auch als Angriff auf seine Wirtschaft werten.
  • Die italienische Regierung könnte als Antwort daruf, italienische Unternehmen dazu auffordern, nicht mehr mit österreichischen Firmen zu handeln. (Italien ist Österreichs zweit wichtigster Handelspartner)
  • Lässt man die Flüchtlinge in Form einer Korridor-Lösung passieren, könnte Deutschland, Österreich mit Rücksendungen wieder beschäftigen und als Sammelbecken für Abschiebungen nutzen, das Dublin-Abkommen würde einmal mehr nicht greifen.
 Bild 4: Österreich mauert sich ein. 
(Quelle: Facebook, Zeitungsfoto.at)

    Eine Korridor-Lösung  (wie auch immer die dann aussieht) ist wohl eine der wenigen Lösungen der Italien und Deutschland zustimmen würden. Ob hier nun Züge Nonstop durch Nord-Tirol durchfahren, oder wieder Buskolonnen in Richtung Bayern geschickt werden, bleibt offen. Der Handelsweg am Brennerpass, wird aber offen bleiben müssen, denn Deutschland ist nun einmal wichtigster Handelspartner Italiens, die Grafiken aus dem letzten Jahr die ihr im Link sehen könnt, zeigen das sehr deutlich.

    Die Warnungen die Innenminister Sobotka und die gesamte österreichische Regierung von EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini und den Regierungschefs Deutschlands und Italiens erhalten haben, sollte man ernst nehmen.

    Bild 5 u. 6: Die wussten was Sie tun, 
    Provokateure ausgerüstet wie Spezialeinheiten. 

    (Quelle: Facebook, Zeitungsfoto.at)

    Jetzt sind es noch Demonstranten die bereits sehr gut ausgerüstet mit Helmen, Gasmasken und wasserdichter Kleidung gegen Polizisten mit Steinen und bengalischen Feuern vorgehen.
    Demnächst könnte die Sache anders aussehen und die von Strache wie auch Hofer geforderte Wiedervereinigung Tirols unter den Vorzeichen der italienischen Tricolore vollzogen werden.

    Was das bedeuten würde, will ich mir nicht vorstellen, es wäre einerseits das Ende der Europäischen Union als Friedensprojekt und andererseits der Beginn eines Europas in denen „Großmächte“ Kleinstaaten vorschreiben, wie sie zu leben hätten.

    Die FPÖ-Funktionäre die dann an der Grenze zwischen Tirol und Salzburg mit den Schildern „Refugees Welcome“ stehen, würden die Ironie der Geschichte wohl erst ab diesem Zeitpunkt verstehen.

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    VonSivic

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