Hallo im neuen Jahr und willkommen zu Ausgabe 245!
Die Sprache der Politik wird jährlich von Martin Haase und Kai Biermann (Neusprech.org) am Chaos Communication Congress in Hamburg auseinander genommen und auf ihre Inhalte gesprüft. Ich nutzte die Gelegenheit und bat Prof. Martin Haase zum Gespräch.
Der Politik aufs Maul gschaut!
Politiker sind ja besonders bekannt für ihre Reden, sei es nun Merkels Aussage “Wir schaffen das”, John F. Kennedy’s “Ich bin ein Berliner” oder Walter Ulbrichs berühmter Sager “Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen!”.
Hinter jeder dieser Aussagen steckt gerne einmal ein bestimmtes Kalkül und nicht selten ein eigener Stab von Redenschreibern und Beratern.
Martin Haase, Mitglied des Chaos Computer Clubs und Professor für Romanistik an der Universität Bamberg befasst sich gemeinsam mit Kai Biermann, Journalist bei Zeit Online, im Blog Neusprech.org mit politischen Reden und Statements, insbesondere aufgeblähte Aussagen, Schachtelsätze und die Wortwahl haben es den beiden angetan.
Für mich sind diese Vorträge die jährlich beim C3 präsentiert werden, ein Highlight. Hier wird aus der sprachwissenschaftlichen Sicht analysiert, wer also seine “fette” oder “aufgeblähte” Sprache straffen möchte, kann sich hier durchaus bedienen.
Heuer lag der Fokus insbesondere auf Pleonasmen (Wortblähungen) und dem Einsatz von anderen nicht-politischen Vokabular in politischen Reden, wie etwa der Sprache des Sports, des Verkehrs, der Verwendung von Kriegsrhetorik (z.B. Flüchtlingsansturm) usw.
Inside Politics am 32C3:
Haase’s Hauptforschungsgebiete sind unter anderem der Sprachvergleich und der Sprachkontakt, die Analyse der Sprache der Politik ist aber mittlerweile kein reines Hobby mehr, sondern eher eine Art Nebenberuf geworden, durch den Martin Haase sehr populär geworden ist.
Bekannterweise war ich letzte Woche am 32C3 in Hamburg und traf dort auf einige Größen im medialen Bereich der “Hacker-Community” und so kam es dazu dass ich Martin Haase als Gast begrüßen durfte.
Martin sprach über seine wissenschaftliche Arbeit, seine Ansätze in der Analyse der Sprache der Politik, die wie bereits angesprochen, sich auch gerne der Rhetorik anderer Bereiche bedient, sowie den sprachlichen Vergleich mit Reden von Politikern aus anderen Ländern, insbesondere aus Frankreich und Italien.
Ein kleiner Hinweis der Transparenz wegen. Martin Haase ist seit 2009 Mitglied der Piratenpartei, somit politisch nicht unbefleckt, das Interview bezog sich jedoch auf die Sprache der Politik und nicht auf die Übermittlung politischer Aussagen der Piratenpartei. Btw, ich war auch einmal Pirat, aber diese Parallele ist wohl reiner Zufall ;)!
Nach dem Gespräch bat ich Martin Haase drei Aussagen zum Thema “Schlechtes Wahlergebnis” zu analysieren, in dem 3 minütigen Beitrag wird besonders deutlich, wie oft Politiker sich die Welt schön reden versuchen und dabei am Fachvokabular oder Floskeln aus anderen Bereichen (Sport; “der Abstand ist enger geworden”) bedienen.
Zum Schluss noch eine kleine Anekdote:
Wie der Zufall es wollte, kam es dazu dass sich ebenfalls zum Jahreswechsel Dieter Zirnig (neuwal.com) mit dem Thema der Sprachanalyse beschäftigte, er verglich die Neujahrsansprachen der Bundespräsidenten von Deutschland, der Schweiz und Österreichs, sowie die Rede von Angela Merkel, miteinander.
Bis demnächst und ein gutes neues Jahr wünscht:
Sivic!