121, Das andere Bad.

VonSivic

13. August 2014

Wer nicht mit dem Bus von Graz nach Triest fahren will, kann ja einen alten Mazda 121 nehmen. Als Kind bin ich öfters in der alten Melone mitgefahren, bei einer dieser Ausfahrten ist einer meiner besten Freunde unbewusst mit seinem Nokia 8210 in der Copa Cabana in Karlsdorf baden gegangen ;).
Er hat es überlebt, das Mobiltelefon meines Wissens nicht. Willkommen beim 121. Artikel meines Blogs.
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Bleiben wir doch gleich beim Schwimmen. Ich war ja nicht nur aus beruflichen Gründen in Triest, sondern hatte auch die Gelegenheit etwas Freizeit in dieser Stadt zu verbringen und da ich ein leidenschaftlicher Schnorchler / Tauchsportler bin, machte ich ein paar Sprünge ins salzige Nass der Adria. Daher folgt heute einmal ein Erfahrungsbericht wie es so ist, in Triest baden zu gehen.

Wie muss das damals wohl gewesen sein, man stieg aus dem Zug am Triestiner Staatsbahnhof aus und 100m vor einem befand sich der heutige Yachthafen. Wer nicht gleich von den Schiffen in den Bann gezogen wurde schaffte es vielleicht noch die 200m Entfernung zu gehen und konnte dort schon in der Adria schwimmen gehen. Ein sehr romantischer Gedanke, wie es jedoch wirklich zuging, kann man nur erahnen.

Zwischen alten Staatsbahnhof und ehemaligen Leuchtturm gelegen findet man allerdings einen Zeitzeugen jener Zeit, denn am Molo Bandieras (benannt nach den Brüdern Bandiera) steht das “Alla Lanterna”, das letzte geschlechtergetrennte Strandbad Europas.

Geschlechtergetrennt, wie bitte?

 Bild 1: Getrennte Eingänge für Frauen und Männer, was ist denn hier los?

Das Lanterna ist ein Schwimmbad alt-österreichischer Bauweise und Ordnung, schon im Eingangsbereich wird getrennt, links die Frauen und Kinder und rechts die Männer, diese Einteilung galt früher auch in der Kirche.

Heute gibt es Gendering, früher gab es eine physisch und gesellschaftlich gelebte Geschlechtertrennung. Sei es nun in den Kirchen, Schulen, oder Badeanstalten gewesen, in der alten Monarchie war dies gelebte Normalität.
In einigen Institutionen ist dieses Lebensgefühl heute noch als Relikt vorhanden. Selbst in Graz findet man z.B. über den Eingängen der Grazer Sprachheilschule noch die alten Aufschriften “Knaben” und “Mädchen“, damals waren selbst die Lehrpläne unterschiedlich, Buben hatten mehr Mathematik zu lernen, Mädchen kochen, stricken und nähen. Zu den letzten Schulen die in Graz nur einem Geschlecht zugänglich waren, gehörten das Bischöfliche Gymnasium (bis 1994 reines Knabengymnasium) und das Ursulinen welches erst vor einigen Jahren Buben zu lies.
Achja, das Grazer Priesterseminar ist weiterhin nur “Männern” vorbehalten.

  Bild 2: Ein Strand nur für Männer!

Zurück zum Bad. Die Mauer im Strandbereich wie man sie auf “Bild2” sehen kann dient tatsächlich der Geschlechtertrennung. Also eigentlich gar keine schlechte Idee, denn auf der Seite der Männer war es beinahe totenstill.
(Böse Post bitte an folgende Mailadresse).

Bild 3: Die wesentlich größere Seite des Bades ist für Frauen und Kinder reserviert. Direkt dahinter sieht man den alten Staatsbahnhof.

Dass diese einst strenge Regelung heute nur noch der Tradition wegen aufrecht erhalten wird, zeigt sich darin dass auch weibliche Rettungsschwimmer auf der Männerseite Dienst tun und hin und wieder Frauen bei den Sonnenschirmen Platz nehmen.
Ein Änderungsversuch in den 70er Jahren, das Lanterna
genauso wie die anderen Freibäder für beide Geschlechter zugänglich zu machen scheiterte am Widerstand der Männer.

Schnorcheln zahlt sich aus.

Bild 4: Alltägliches Bild, alte Männer genießen die Ruhe, 
die Sonne und spielen Karten.

Extrem attraktiv an dieser Anlage, die weitestgehend seicht ist und direkt am Hafen liegt, ist die Schönheit der Unterwasserwelt, daher empfiehlt sich unbedingt die Mitnahme einer Taucherbrille. Man findet hier viele Muschel-, Fisch-, Schnecken- und Krebsarten die sich im Wasser tummeln, sowie etliche Korallen. Die lebendige Unterwasserwelt macht den Reiz dieses Bades erst so richtig aus, für Schnorchler also ein echtes Eldorado inmitten der Stadt. Denn zu Fuß braucht man nur 15 Minuten vom Zentrum (Rathaus) zum Bad, in dessen direkter Nachbarschaft auch das modernere Auzonia und die Hallenanlage Acquamarina (Heilbad mit Salzwasserbefüllung für die Wintermonate) liegen.

Bild 5: Von der Männerseite aus sieht man den alten Leuchtturm (Lanterna), ganz links das Radar der Lotsenbasis von Triest.

Preislich ist das Bad sehr günstig, eine Tageskarte kostet € 1,- (!!!), oder 20 Kreuzer für die Leute die so wie ich noch in Kronen rechnen, dafür sperrt es leider schon um 19:00 Uhr, bei Schlechtwetter manchmal auch früher.


Bild 6: Zum Abschluss noch ein flüchtiger Blick auf die Frauenwelt.
Zwei mal stattete ich dem Lanterna einen Besuch ab und konnte die Umgebung und eben auch die Flora und Fauna auf und unter dem Wasser beobachten, auch hier kann man ein lebendiges Treiben erleben, die Lotsenboote fahren immer wieder ein und aus und auch Kajak begeisterte Sportler starten von hier aus zu ihren Fahrten in den triestinischen Meerbusen.
Summa summarum, wer einmal sehr günstig, etwas völlig anderes erleben will, sollte sich hier ein Biglietto (Eintrittskarte) kaufen.

VonSivic

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