Bild: Einweihung durch einen katholischen Priester.

Gedenken an das IR 97

Laut den Zugriffsraten wären Vorgestern viele Leute daran interessiert gewesen, was ich zu schreiben gehabt hätte, aber ich war sehr beschäftigt und hatte einiges zu tun.

Warum? Ich war bei der Enthüllung eines Gedenksteines des Infanterie Regimentes 97 “Freiherr von Waldstätten und als Vertreter einer steirischen Delegation in Triest zugegen. Damit hatte ich nicht allzu viel Zeit um mich entsprechend literarisch zu betätigen. Der heutige Blog folgt daher zwei Tage nach dem 100. Jahrestages des verheerenden Kriegsausbruches, der als kurzer Konflikt und Lehrstunde für Serbien begonnen hatte und auch so geplant war, aber im Weltenbrand endete.

Daher biege ich etwas die derzeitige Sitte und lasse die F-117 diesmal nur als Randnotiz auftauchen, zum Thema Stealth kommen wir in einem späteren Artikel ausführlicher zur Sprache. Beim Thema Krieg bleiben wir jedoch.

Wir gedenken derer, welcher man bislang nicht gedenken durfte.

 

Bild: Die Beteiligung war trotz eines Werktages nicht gering.

So ähnlich formulierten dies die Beteiligten der Gedenkveranstaltung, darunter auch Paolo Parovel, Vordenker und Vorstandsmitglied des Movimento Trieste Libera, welches anlässlich dieser Veranstaltung ihren “neuen” deutschsprachigen Dienst mit einem Artikel über diese Gedenkfeier in Betrieb nahm.

Für uns hieß es; “Österreicher, nach vorne”. Bestückt mit den Flaggen der Kriegs- und Handelsmarine, wurden wir sogar vom wenig beliebten Bürgermeister Triests, Roberto Cosolini, in die erste Reihe der Gedenkfeier gebeten.

Bild: “Fahnenparade angetreten!”

“An meine Völker”, stand am 28. Juli 1914 überall in den Zeitungen und Anschlägen auf den Plakatsäulen geschrieben, danach pfeiften die Sirenen der  Dampfloks und etliche Soldaten sahen ihre Familien zum letzten Mal. Zwar war am Anfang noch eine gewisse Kriegsbegeisterung vorhanden gewesen, jedoch schwand diese schnell und die meisten Frauen die ihre Männer recht bald vermissen würden, ahnten schon was passieren würde.

An jenem Tag verabschiedete die Triestiner Bevölkerung die Soldaten des IR.97 am Südbahnhof, sowie die Angehörigen anderer Einheiten. Unter anderem auch bosnische Bataillone welche sich auf den Weg zu den Schlachtfeldern Galiziens und Serbiens machten, wo bereits einige Tage später die Hölle auf Erden über sie herein brechen sollte.

Aber nicht nur in Triest war damals der Abschied von der Heimat zelebriert worden, Louis Trenker berichtete in seinen Erzählungen vom 1. Weltkrieg über den Abmarsch eines großen Kontingents aus Gröding (Süd Tirol).
Knapp 80% der Grödinger kamen nicht mehr aus diesem Krieg zurück.
So hoch waren vor allem in etlichen Ortschaften der sogenannten “Kernländer” die Verluste an Menschenleben, die nicht zuletzt auf falsche Planungen und Einschätzungen der kommandierenden Offiziere zurück zu führen waren.
Soldaten gegen Maschinengewehrsalven ohne ausreichende Deckung oder Schutzmaßnahmen anrennen zu lassen war alles andere als eine vernünftige Art und Weise Krieg zu führen, die wenig später als Karpathen-Taktik bekannte Vorgehensweise, solange Truppen gegen Stellungen zu werfen bis den Verteidigern die Munition ausging erwies sich als wenig effektiv und im höchsten Maße fahrlässig, denn hier wurden unnötig Menschen für Siege geopfert, die oft nicht mehr als ein paar Quadratkilometer Gebietsgewinn brachten.

Bild: Traditionsregiment IR 97 angetreten – man beachte die rosenroten Aufschläge

Zurück zur Gegenwart. Die Triestiner gedachten am Montag 100 Jahre danach, dieser tragischen und Herzzerreißenden Momente und des Abschiedes ihres “Regimentes”. Mehr als 100 Gäste, sowie ca. 15 Uniformierte, Fahnenträger, Mitglieder von Veteranen-Verbänden, ein Blasmusik-Quintett in historischer Uniform und das Organisationskomitee hatten sich versammelt um ein Denkmal einzuweihen, welches zum Gedenken und an den Abmarsch des Hausregimentes und anderer Einheiten die in Triest stationiert waren anlässlich des hundertsten Jahrestages des Beginn des 1. Weltkrieges auf Gleis 9 der heutigen Stazione Centrale, aufgestellt wurde.

“Habt acht!”

Bild: Der große Moment, der Gedenkstein wird enthüllt.

Intoniert durch die “Kaiserhymne” und “Ich hatt einen Kameraden” wurde von zwei Traditionssoldaten des IR 97 (hechtgrau) und des k.u.k. Krainerisches Feldjägerbataillon Nr. 7 (grüne Uniform) das Denkmal vor den Augen der versammelten Menge enthüllt.

Bild: “Ich hatt einen Kameraden” – Blechmusik-Quintett San Paulino di Aquileia
Um einen möglichst realistischen Eindruck zu hinterlassen, waren die Musiker extra in Paradeuniformen des IR-97 geschlüpft und machten der österreichisch-ungarischen Militärmusiktradition alle Ehre.
Bild: Einweihung durch einen katholischen Priester.

Ein katholischer Geistlicher weihte das Denkmal ein und übergab es entsprechend alter Tradition seiner Bestimmung und somit den Bürgern von Triest als Erinnerung an die stolze Vergangenheit dieser zutiefst österreichisch gebliebenen Stadt.

Bild: Ein Kranz mit rot-weiß-roten Schleifen, versehen
mit der Aufschrift Viribus Unitis, ziert das Denkmal.

Dass das Gedenken an die österreichische Vergangenheit mehr als nur reine Folklore und Pflichterfüllung war, wurde durch die rege Anteilnahme – trotz Werktag – und die mehrmals uns entgegengebrachte Zuneigung der hiesigen Bevölkerung deutlich. Selbst ein Auslands-Triestiner reiste extra aus Wien an, um an diesem ehrwürdigen Moment teilzunehmen.

Was in der Republik Österreich heute alles andere als üblich und politisch gesehen undenkbar wäre, wurde in Triest durch freiwillige Spenden von Bürgern realisiert, die dadurch auch den Bürgermeister zur Reaktion zwangen, denn seine Teilnahme war alles andere als selbstverständlich.

Allein die Facebook-Gruppe (das Soziale Netzwerk ist hier sehr populär) des Traditionsvereines IR-97 hat fast 1.100 Mitglieder, ein deutliches Symbol und Zeichen für die regionale Identifikation der eigenen Identität und deutlicher Ausdruck nicht zu unterdrückender Loyalität gegenüber Österreich, der alten Heimat.

Ich hatte nach diesem Tag endgültig den Eindruck gewonnen, dass außerhalb der heutigen Grenzen, also im speziellen hier in Triest und Süd Tirol, mehr Patrioten leben, als es insgesamt im Heimatland, der Republik Österreich, noch gibt.

Denn vielleicht haben wir vergessen, dass es ein Luxus sein kann sich Österreicher nennen zu dürfen, besonders die Triestiner sehen den altösterreichischen Heimatbegriff eng mit der Sehnsucht nach der eigenen Freiheit verbunden.

Sie sind die geknechteten Kinder unserer gemeinsamen Vorfahren, welche ihre Namen italianisieren mussten, rechtlich enteignet und ihrer sprachlichen Kultur sowie der eigenen Identität beraubt wurden. In solch kurzen Momenten, wie dieser Veranstaltung, finden diese Menschen ein Ventil um kurz durchzuatmen, um somit einen Augenblick gelebter Erinnerung und damit gelebter Freiheit ausleben zu können.

Erst jetzt wurde mir klar, was es bedeutet in einer besetzten Stadt zu leben.

VonSivic

2 Gedanken zu „117, Wenn ein Krieg beginnt.“

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